Das 86 Meter hohe Gebäude ist angeblich zu teuer im Betrieb. Eine endgültige Entscheidung fällt im Herbst. Politik zeigt sich offen für Neubau eines hohen Wohnhauses.
Ottensen. Der helle, weiße Bau ist von Weitem schon sichtbar und gehört im Westen der Stadt zum festen Bestandteil der Hamburger Silhouette. 86 Meter hoch ist das Ende der 1970er- Jahre gebaute Hermes-Hochhaus, auf den 23 Stockwerken arbeiten rund 1400 Mitarbeiter des Kreditversicherers Euler-Hermes – in einem von nur etwa zehn Hochhäusern der Hansestadt, die höher als 80 Meter sind. Doch die Tage des markanten Gebäudes sind offenbar gezählt. Das Hochhaus steht kurz vor dem Abriss. „Die Pläne sind jetzt konkreter“, bestätigt Unternehmenssprecherin Antje Stephan. Eine Verlagerung des Unternehmens sei damit aber nicht verbunden, versicherte Stephan: „Es ist unser Ziel, auch künftig am Standort zu bleiben. Wir planen, in drei bis vier Jahren auf die andere Seite der Bahnlinie umzuziehen. Dort soll neu gebaut werden.“
Tatsächlich ist Euler-Hermes nach Abendblatt-Information an der Gasstraße bereits im Besitz von entsprechenden Grundstücken, wohin die Hauptverwaltung in einen Neubau verlegt werden könnte. Das Hochhaus wird dann verkauft. Nach unbestätigten Einschätzungen verhandelte Euler-Hermes mit verschiedenen Hamburger Projektentwicklern über eine Summe, die bei 80 Millionen Euro liegen soll. Nach dem Abriss sollen auf dem Grundstück Wohnhäuser gebaut werden. Inzwischen sollen sich die Verhandlungen auf einen Projektentwickler konzentrieren. Eine finale Entscheidung gebe es aber noch nicht, sagt Unternehmenssprecherin Stephan. Man rechne damit im Herbst. Mit der Bezirkspolitik in Altona sind die beteiligten Unternehmen schon länger im Gespräch, um auszuloten, was anstelle des Bürohochhauses dort gebaut werden könnte. Anfangs hatte es Bedenken gegeben, weil man befürchtete, mit dem Abriss sei auch der Abbau von Arbeitsplätzen verbunden. Immerhin hatte Euler-Hermes noch 2011 Schlagzeilen gemacht, als es um einen möglichen Stellenabbau in Hamburg ging. Man wolle das aber über natürliche Fluktuation regeln, hieß es später.
Bezirkspolitik steht hinter den Plänen
Inzwischen steht die Bezirkspolitik hinter den Plänen. Zumal das Unternehmen auf eine große Unwirtschaftlichkeit des weißen Hochhauses hingewiesen habe. Allein die Nebenkosten lägen wegen der schlechten energetischen Ausstattung bei etwa fünf Euro pro Quadratmeter, so das Argument. Ein Umbau zu einem Wohnhaus sei deshalb ausgeschlossen. „Man kann sich an der Stelle auch ein ein neues hohes Wohnhaus vorstellen“, sagt Altonas SPD-Fraktionschef Thomas Adrian, der sich offen für die Abriss- und Neubaupläne zeigt.
Ähnlich äußert sich auch der CDU-Fraktionschef in der Altonaer Bezirksversammlung, Uwe Szczesny; Gerade in der Nähe der S-Bahnstation Bahrenfeld sei Wohnungsbau sinnvoll. Er könne sich dort ebenfalls hohe Gebäude vorstellen. „Hier macht es Sin, auch einmal höhere Wohnhäuser zu bauen“, sagt der CDU-Politiker
Noch ist aber völlig offen, wie eine Neubebauung anstelle des Hochhauses aussehen könnte. Noch ist das Areal als Kerngebiet ausgewiesen, der Bezirk müsste einen komplett neuen Bebauungsplan entwickeln. Und nicht jeder findet den hohen weißen Bau nur hässlich, weil er so hoch und herausragend ist. Das von dem Hamburger Architekten Titus Felixmüller entworfene Gebäude ruft bei näherer Betrachtung mit seiner geschwungenen Fassade auch Lob hervor. Vom „schönsten Hochhaus Hamburgs“, schrieb kürzlich die „taz“.
Was die Einschätzung von Hochhäusern aus den 1960er- und 70er-Jahren angeht, zeigt sich Hamburg jedenfalls sehr unterschiedlich. Das 1966 gebaute, damals rund 89 Meter hohe Iduna-Hochhaus am Millerntorplatz wurde 1995 radikal weggesprengt für einen Neubau. „Asbestbelastet“, so die damalige Begründung. Anders erging es dem Unilever-Haus in der Neustadt, das wie der Hermes-Bau monumental aus der umgebenen Bebauung herausragt. 2011 stellte die Stadt diese Hochhaus sogar unter Denkmalschutz.