Die Stadtplaner im Bezirk Altona kritisieren die Kollegen von der Stadtentwicklungsbehörde. In dem Neubaugebiet entstehe eine „ungesunde und minderwertige Wohnbebauung“.

Altona Die Planungen zum Bau des neuen Wohnquartiers Neue Mitte Altona stoßen behördenintern auf teils vernichtende Kritik. Das ergibt sich aus einer Stellungnahme der Stadtplanungsabteilung der Bezirksverwaltung Altona, die am Mittwochabend den örtlichen Kommunalpolitikern präsentiert wurde und dem Abendblatt vorliegt. Vernichtendes Fazit der Fachleute aus dem technischen Rathaus in Altona: Am Bahnhof Altona würde nach jetziger Planung eine „ungesunde und qualitativ minderwertige Wohnbebauung“ entstehen. Die Bezirkspolitik reagierte zunächst erschrocken auf die lange Liste der Mängel: „Das sind schon schwere Vorwürfe, das müssen wir uns jetzt erst einmal genau anschauen“, sagt Mark Classen (SPD).

Der Fraktionschef der Linken, Robert Jarowoy, sieht sich indes in seiner Kritik an den Plänen bestätigt; häufiger hatten Linke-Politiker eine zu enge Bebauung kritisiert. Jarowoy: „Hier muss zwingend um- und nachgesteuert werden.“ Wohnen sei keine Ware – und die Menschen in den neu entstehenden Stadtteilen sollten erst recht nicht als eine solche begriffen werden, so der Politiker. Rund 1600 Wohnungen sind im ersten Bauabschnitt der Neuen Mitte geplant, etwa 3500 insgesamt.

Weil das Neubau-Areal damit neben der HafenCity als das größte Stadtentwicklungsprojekt Hamburgs gilt, hatte die Stadtentwicklungsbehörde das Verfahren dem Bezirk aus der Hand genommen und auch die Verhandlungen mit den Investoren übernommen. Damit dürfte sich die scharfe Kritik bei den bezirklichen Stadtplanern teilweise auch erklären lassen, die bei diesem Renommierprojekt quasi ausgebootet worden waren. Allerdings dürfte die Kritik auch andere Hintergründe haben: So verhandelt die Stadt immer noch und viel länger als geplant mit den Investoren über Kostenbeteiligungen bei der Erschließung und anderen öffentlichen Aufgaben wie etwa dem Schulbau. Viel Beteiligung vonseiten der Eigentümer lässt sich dann mit der Gewährung von möglichst vielen Quadratmetern Baufläche erkaufen, die die Stadt dort mit einem neuen Bebauungsplan ermöglicht.

Offenbar sieht der Entwurf des Bebauungsplans dabei großzügige Ausnahmen vom Üblichen vor – das ergibt sich zumindest aus der Kritik aus Altona. Die geplante Bruttogeschossfläche und manche Stockwerke der fünf- bis achtgeschossigen Gebäude würden bei der jetzigen Planung zu hoch, heißt es unter anderem in der Stellungnahme. Es sei „zwingend erforderlich, weniger Geschosse zu bauen“. Unter anderem wird dazu auf eine „Verschattungsstudie“ verwiesen. Daraus ergebe sich eine „ungesunde Besonnungs- und Belichtungssituation“.

Die Begründung der Stadtentwicklungsbehörde, wonach Ausnahmen vom üblichen Baurecht in der Neuen Mitte zulässig sein können, weil nur eine „hohe bauliche Dichte Voraussetzung für ein vielfältiges Wohnungsangebot“ sei, lehnt die Bezirksverwaltung ab. Das Argument sei „nicht nachvollziehbar“.

Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die alten Güterbahnhofshallen, wo laut Planentwurf auch Einzelhandelsbetriebe mit Zentren-Relevanz „ausnahmsweise zulässig“ sein sollen. Der Bezirk fürchtet nun, dass sich damit auf der immerhin 16.000 Quadratmeter großen Fläche Stück um Stück ein „Geschäftszentrum“ entwickeln wird, was zur Konkurrenz für die nahe Großen Bergstraße werden könnte. Eine Gedanke, der nicht abwegig ist: Großer Investor in dem Gebiet ist der Shopping-Center-Riese ECE.