Eine elastische Schicht im Asphalt soll Verkehrslärm reduzieren: An der Nansenstraße wurde ein weltweit neuartiges Verfahren getestet.

Hamburg. Ein Geheul, das an Science Fiction-Filme erinnert, übertönt am Sonntagvormittag das Vogelgezwitscher im Altonaer Volkspark. „Das sind Sinusschwingungen“, erklärt Manfred Hase von der Ingenieur- und Prüfgesellschaft Hansa-Nord-Labor GmbH aus Pinneberg. „Die sind für das menschliche Ohr zu hören.“ Und mithilfe dieser Sinusschwingungen testeten Hase und seine Partner im Forschungsprojekt „Neuartige Konstruktionen mit geräuschmindernder Wirkung“ auf einem rund 800 Meter langen Testabschnitt an der Nansenstraße in Bahrenfeld ein weltweit neuartiges Verfahren der Lärmreduzierung. Das Besondere: „Im Gegensatz zu bisherigen Verfahren zur Lärmvermeidung, bei denen an der obersten Asphaltschicht gearbeitet wird, beschäftigen wir uns mit den darunterliegenden Asphaltschichten“, erklärte Manfred Hase. Durch elastische „Dämpfungsmatten“, die unter die Asphaltdecke gelegt werden, sollen Schwingungen minimiert und so der Lärmpegel um drei bis vier Dezibel gesenkt werden. Das System funktioniere ähnlich wie eine Trittschalldämmung.

„In Größenordnungen von 60 bis 70 Dezibel, wie sie in Städten häufig vorkommen, kann Lärm krank machen“, sagte Projektleiter Manfred Hase. „Deswegen suchen wir nach Möglichkeiten, den Geräuschpegel herunterzufahren.“

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Im Rahmen des Forschungsverbundes „Leiser Straßenverkehr 3“ arbeitet Hase seit Dezember 2010 mit Studierenden der Technischen Universität Dresden und der Ruhr-Uni Bochum sowie verschiedenen Projektpartnern aus Wirtschaft und Forschung zusammen, um Verfahren der Lärmreduzierung zu entwickeln. Nachdem Rezepturen für die elastische Dämmungsschicht zunächst im Labor erprobt wurden, folgte nun der Test auf der Straße. Dazu wurde die Nansenstraße von Freitag bis Sonntag auf einem rund 800 Meter langen Abschnitt gesperrt. „Erst einmal haben wir die Straße aufgefräst“, erklärt Hase. Dann wurden die „Dämmungsmatten“ eingelegt und mit einer neuen, dünnen Asphaltschicht bedeckt.

Um herauszufinden, welches Material und welche Schichtstärke am effektivsten sind, führten Manfred Hase und seine Projektpartner am Sonntag Messungen auf neun verschiedenen Abschnitten der Teststrecke im Volkspark durch.

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Drei verschiedene Messsysteme waren dabei im Einsatz: Studierende der Technischen Universität Dresden benutzten einen sogenannten „Shaker“. „Damit werden Sinusschwingungen auf die Asphaltkonstruktion aufgebracht; dann wird die Reaktion gemessen“, erklärte Projektleiter Hase. „Dabei gilt: Je weniger Schwingungen, desto weniger Lärm.“ Ein ähnliches Verfahren wandten Studenten der Ruhr-Uni Bochum an; sie nutzten einen sogenannten Impedanzhammer, mit dem sie manuell Schwingungen auf die Straße brachten. Und auch ein spezielles Messfahrzeug war im Einsatz. Ein Autoreifen, der – wie es für einen kleinen Pkw realistisch wäre – mit einem Gewicht von etwa 320 Kilogramm belastet wurde, wurde in einem Anhänger mit speziellen Messvorrichtungen über die unterschiedlichen Streckenabschnitte gezogen.

„Die Ergebnisse der heutigen Messungen werden in den nächsten Monaten mit speziellen Software-Programmen auswertet“, erklärte Projektleiter Hase. „Die beste Variante soll dann im Oktober auf dem Nato-Gelände in Geilenkirchen auf einem größeren Versuchsfeld getestet werden.“ Dort werden verschiedene Forschungsgruppen ihre Methoden der Lärmreduzierung erproben. „Jede Forschungsgruppe hat einen eigenen Ansatz“, so Hase, „unserer ist eben die Idee mit den elastischen Matten.“

Die drei Verfahren, die sich in der Testphase auf dem Nato-Gelände als die effektivsten erweisen, sollen dann auch auf Bundesautobahnen realisiert werden, berichtete Manfred Hase. Es sei allerdings noch unklar, auf welchen Autobahnen. „Langfristig wäre das Verfahren auch eine gute Lösung für Innerortsstraßen“, meint Hase. Doch bis dahin ist noch einiges zu tun. „Wir sind noch in der Testphase“, erklärte Hase. „Um zu klären, ob die elastische Schicht sich mit der Zeit verändert, werden wir in nächster Zeit immer wieder Messungen an der Teststrecke vornehmen und die Rezeptur gegebenenfalls weiterentwickeln.“

Das Forschungsprojekt „Neuartige Konstruktionen mit geräuschmindernder Wirkung“ läuft im Rahmen des Forschungsverbundes „Leiser Straßenverkehr 3“, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert und von der Bundesanstalt für Straßenwesen betreut wird. Auch die Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation sowie das Bezirksamt Altona unterstützten die Forschungsarbeit an dem Projekt, indem sie die Nansenstraße als Teststrecke zur Verfügung stellten.

Insgesamt kostet das Testprojekt rund 100.000 Euro. (abendblatt.de)