Miteinander statt gegeneinander: Jeden Monat treffen sich die Mitglieder des Mode-Netzwerks „Strich & Faden“ zum gegenseitigen Austausch.
Hamburg. Montagabend, gegen 20.00 Uhr im "Lokal" an der Max-Brauer-Allee: Nach und nach trudeln Hamburger Designer im Wohnzimmer der alten Stadtvilla ein und nehmen rund um die in der Mitte zusammengeschobenen Tische Platz. Wie an jedem ersten Montag im Monat treffen sich hier die Mitglieder des Vereins „Strich & Faden“ zu ihrem Modestammtisch, um sich über Ideen und Events auszutauschen, sich bei Problemen gegenseitig zu beraten und um gemeinsame Projekte zu planen.
Bei wem kann man sich eine Knopfloch-Nähmaschine leihen? Wer hat Lust, eine gemeinsame Verkaufsaktion in einem Pop Up Store zu planen? Wo finden die nächsten Events zum Thema Mode statt und wer geht hin? „Gesprächsstoff ist immer reichlich vorhanden“, sagt die Designerin Connyie Rethmann. Zusammen mit der Bekleidungsingenieurin Bettina Gritz und der Modejournalistin Tina Schraml hat sie das Netzwerk „Strich & Faden“ vor sechs Jahren gegründet, um Hamburger Designer zum Austausch und zur Zusammenarbeit zu ermuntern.
„Wir haben oft erlebt, dass in der Textilbranche ein starkes Konkurrenzdenken herrscht“, erklärt Bettina Gritz. „Dabei kann man viel mehr erreichen, wenn man miteinander statt gegeneinander arbeitet.“ Und so arbeiten bei „Strich & Faden“ Modegestalter verschiedener Design-Bereiche zusammen. Die einen haben sich darauf spezialisiert, Herrenhemden kreativ umzugestalten, andere entwerfen Hüte, wieder andere gestalten „Mode für Mädels über 1,80“ oder haben den Schwerpunkt auf Recycling-Mode gelegt. Doch vielfach haben sie mit ganz ähnlichen Problemen zu kämpfen und profitieren von der gegenseitigen Unterstützung innerhalb des Netzwerks. Ob es nun um das Teilen von Nähutensilien, Hilfe bei der Anwendung einer Schnittmustersoftware oder um die Organisation gemeinsamer Aktionen geht – anstatt sich dem Einzelkämpferdasein zu verschreiben, helfen sich die Mitglieder von „Strich & Faden“, wo sie können. Derzeit planen einige der Designer einen gemeinsamen Auftritt bei der Modemesse „Gallery“, die im kommenden Sommer in Düsseldorf stattfindet. „Allein könnte ich einen Messestand wohl kaum realisieren“, erzählt „Strich & Faden“-Mitglied Angelika Schütze. „In der Gruppe lässt sich das schon um einiges leichter machen. Außerdem ist es ein gutes Gefühl, wenn wir Hamburger Designer uns dort gemeinsam präsentieren.“
+++++“Textiles Geflüster” in der Kulturkiche+++++
Dass sich Zusammenarbeit in der Modebranche lohnt, finden auch die Hutmacherin Ursula Anna Machalett und der Designer Daniel Jaeckel: Gemeinsam betreiben sie ihren Laden an der Glashüttenstraße, in dem man nicht nur Hüte mit Ursulas Label „ Rotkäppchen designs “, sondern auch Mode aus Daniels Label „ marmeladenbrot “ kaufen kann. Kennengelernt haben sich die beiden über „Strich & Faden“, erzählt Daniel. So habe sich die Kooperation ergeben.
Eines der bekanntesten Hamburger Projekte des Vereins ist der seit 2009 jährlich organisierte Designmarkt "Textiles Flüstern" , auf dem die Modegestalter ihre Arbeiten in der Kulturkirche Altona präsentieren – zuletzt im Dezember 2011.
„Zusammen schafft man in jedem Fall mehr als allein“, meint auch die 27-jährige Upcycling-Designerin Luise Barsch aus Berlin. Sie ist von der Idee eines Designer-Netzwerks wie „Strich & Faden“ so begeistert, dass sie in ihrer Heimatstadt ein ähnliches Forum ins Leben rufen will.
(abendblatt.de)