Annalena Skörl Maul begeisterte die Jury, in der auch Designer von Escada und Vivienne Westwood saßen. Die Masche der Hamburgerin: Häkeln.

Hamburg. „Ich häkle im Bus, im Wartezimmer, einfach überall“ – Das Zitat stammt nicht etwa von einer älteren Dame, sondern von der 30-jährigen Jungdesignerin Annalena Skörl Maul.

Das Ergebnis ihrer Handarbeit erinnert jedoch in keiner Weise mehr an Topflappen. Die Hamburgerin häkelt lässige Mode im Hiphop-Style. Sie schneidert Baggy-Hosen, sportliche Streetware, und häkelt Hiphop-Accessoires wie Skateboard- und Kopfhörer-Schoner und Rücksäcke.

Mit dieser Idee hat die Hamburgerin jetzt den "Baltic Fashion Award 2012" gewonnen. Der Award ist ein internationaler Design-Wettbewerb für kreative Mode-Kollektionen aus dem Ostseeraum. Der Preis wurde in diesem Jahr zum elften Mal auf Usedom vergeben.

+++ Baltic Fashion Award wird zum elften Mal verliehen +++

Und nicht nur die Fachjury (unter anderem Escada-Gründer Wolfgang Ley und Vivienne-Westwood-Chefdesigner Alexander Krenn) war von Mauls Ideen überzeugt. Die Designerin gewann zusätzlich auch noch den Publikumspreis – das hat es vorher noch nie gegeben.

Der Award steht jetzt auf der Fensterbank in ihrem neuen Atelier im Gebäude der ehemaligen Finanzbehörde in der Großen Bergstraße. Er ist mit 10.000 Euro dotiert. „Besser hätte der Start in die Selbstständigkeit nicht laufen können“, sagt sie. Jetzt soll es richtig losgehen. Ihren zweiten Vornamen „Skörl“ hat sie sich bereits beim Patentamt für ihre eigene Marke gesichert.

Zum Feiern ist sie bisher aber noch nicht gekommen. Seit Anfang des Jahres sind die Wochen wie mit einem Fingerschnips verflogen. Keine Zeit zum Nachdenken. In vielen Nachtschichten hat sie die Kollektion für den Award gefertigt. Eine Flasche Rotwein steht noch halb geleert in der Ecke – Freunde hatten ihr diese nachts vorbei gebracht und ihr Gesellschaft geleistet.

Annalena zu unterstützen - das war für die meisten selbstverständlich. Schließlich kennen viele Freunde ihre Leidenschaft für extravagante Klamotten noch aus Kindertagen. „Als Schülerin sah ich manchmal aus wie ein bunter Papagei“, sagt Maul. „Es ging mir vor allen Dingen darum, anders auszusehen als andere.“ Und so kamen bunte Flicken auf die Hosen, Klamotten von der Stange hat sie mit der Nähmaschine oder mit Nadel und Faden abgewandelt.

Das Häkeln hat sie als Kind von ihrer Oma gelernt. Zuerst hat sie Topflappen, später auch mal eine Mütze. Nachdem sie als Jugendliche eine Häkelpause eingelegt hatte, hat es sie während des Design-Studiums an der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) dann wieder gepackt. „Mittlerweile habe ich die Häkelsachen immer dabei.“

Der Professor, der ihre Diplomarbeit betreut hat, brachte sie auf die Idee, sich beim „Baltic Fashion Award“ zu bewerben. Der Ratschlag kam zur rechten Zeit. „Nach meinem Abschluss wusste ich erst einmal gar nicht, was ich machen sollte.“ Viele Kommilitonen bewarben sich bei großen Firmen. Doch Maul graute es davor, möglicherweise nur noch am Bildschirm zu designen. Lieber wollte sie sich selbstständig machen und die Klamotten selber fertigen.

Das Preisgeld ermöglicht ihr einen vergleichsweise unbeschwerten Start in die Selbstständigkeit. In den nächsten Schritten will sie versuchen, ihre Produkte über kleine Boutiquen zu verkaufen. Akquise, Visitenkarten, eine eigene Homepage - und wie geht eigentlich Buchhaltung? Maul hat jede Menge zu tun. Aber ganz vorne auf der Todo-Liste steht erst einmal, den Erfolg zu feiern. Am Partyoutfit sollte es nicht scheitern.