Hamburg. In ihrem Ferienhaus verbrachten die Schmidts schöne Sommertage. Der neue Eigentümer erzählt, was er verändert hat und was er bewahrt.
Der Brahmsee in Schleswig-Holstein: Hier haben Helmut und Loki Schmidt auf einem gut 3000 Quadratmeter großen Seegrundstück viele Jahre mit Tochter Susanne schöne Stunden verlebt – in ihrem Ferienhaus, das ebenso wie das Haus in Langenhorn weniger von Extravaganz als von großer Bescheidenheit zeugte. Es heißt, wenige Wochen vor Schmidts Tod am 10. November 2015 ist Susanne noch mal mit ihrem Vater dorthin gefahren – wohl, um Abschied zu nehmen.
Wie sehr ihre Namen mit dem Idyll am östlichen Ufer des Gewässers verbunden sind, kann der neue Eigentümer des Grundstücks bestätigen. „Wenn ich erzähle, wir haben dort ein Ferienhaus, dann bekomme ich sofort zu hören: Da haben doch die Schmidts ihr Haus gehabt“, erzählt der Hamburger Kaufmann. Namentlich will er nicht zitiert werden. Nur so viel: Dass er dort zusammen mit seiner Frau, den beiden Kindern – „beide sind im jugendlichen Alter“ – und ihrem Hund einen wundervollen Flecken zum Leben gefunden haben. „Es hört sich vielleicht pathetisch an, aber es ist für uns wirklich einer der schönsten Orte, den wir uns vorstellen können“, sagt der Hamburger.
Die Lebenslinie von Helmut Schmidt
Er selbst sei ein passionierter Segler, und seine Kinder liebten das Standup-Paddling. Um die Historie dieses Fleckens wüssten sie natürlich, „aber die steht für uns nicht im Vordergrund, sondern mehr, dass wir uns wohlfühlen.“ Das sei sicher ganz im Sinne von Tochter Susanne Schmidt, hofft er.
Große Politik im Freizeitidyll
Die promovierte Volkswirtin – sie lebt mit Mann in der Grafschaft Kent im Süden Englands – hatte das Ferienhaus mitsamt Grundstück „schweren Herzens“ vor gut einem Jahr über einen Makler zum Verkauf angeboten. Die Begegnung mit der heute 71-Jährigen hat großen Eindruck bei den Käufern hinterlassen. „Das war schon ein sehr besonderer Moment für uns“, erzählt der Familienvater. „Sie hat uns erzählt, wie wohl sie sich hier am Brahmsee gefühlt hat.“ Für sie sei dies immer ein sehr „privater“ Ort gewesen. „Wenn man so etwas aus dem Munde einer so sympathischen Frau hört, dann kann man gar nicht anders, als es ebenso halten zu wollen.“
Wobei – ganz so privat haben es die Schmidts dort am See, gut eine Autostunde entfernt von ihrem Haus in Langenhorn, auch nicht immer gehalten. Dann und wann wurden der Nation auch gern Einblicke gewährt. Beispielsweise wenn Schmidt den Kapitän gab und sich auf seiner Jolle, geschenkt von dem kanadischen Ministerpräsidenten Pierre Trudeau, den Wind um die Ohren blasen ließ. Oder wenn er mit Loki auf einer Decke liegend Schach auf dem Rasen spielte – oder Pfeife rauchend ein Buch las.
Auch die große Politik kehrte in das Freizeitidyll am östlichen Ufer des Sees, angrenzend an den kleinen Ort Langwedel, ein. Manche Staatsgäste wie Norwegens Premier Odvar Nordli oder Österreichs Kanzler Bruno Kreisky kamen sogar mit dem Hubschrauber angeflogen. Dann landeten sie auf dem Sportplatz des Ortes, folgten dem Sandweg in den Wald hinein, wo sie zwei hohe Tore passieren mussten. Eines davon führte zu den Schmidts, das andere zu Schmidts Parteigenossen und Freund Karl Wilhelm Berkhan. Eine Folge war, dass Freunde und Beobachter gern auch mal vom „Lago di Sozi“ sprachen.
Neue Gasheizung und Glasfaseranschluss
Aber es blieb ein Idyll großer Bescheidenheit, denn die Unterkunft selbst war anfangs nicht größer als 30 Quadratmeter. In Berichten ist von einer „Gartenbude“ aus Holz und Presspappe die Rede. Schmidt selbst schreibt von einem „leicht gebauten Holzhäuschen, das wir mit Betonankern im Boden befestigt haben, damit es nicht vom Weststurm vom Hügel gefegt werden konnte“. Weder elektrisches Licht noch Telefon noch fließend Wasser gab es. Allerdings: Immer wenn Schmidt einen Karrieresprung gemacht hatte, wurde „ein Stück dazu gebaut“, wie berichtet wurde.
Und heute – wie hat sich das Haus unter den neuen Besitzern verändert? „Also von einer Bude kann man nicht mehr reden. Vieles im Haus wurde über die Jahre solide aus Stein ergänzt“, sagt der Familienvater. Er und seine Familie gingen sehr umsichtig mit der Immobilie um. „Natürlich haben wir sie ein wenig modernisiert. So haben wir die Nachtspeicheröfen gegen eine Gasheizung ausgetauscht und alles auf einen guten energetischen Stand gebracht. Und den Bereich der Sicherheitskräfte nutzen wir nun für Gäste.“ Auch gebe es jetzt einen Glasfaseranschluss. Er ist aber sicher: „Von außen wird kaum jemand Unterschiede ausmachen können.“
Haus ist kein Museum
Es sei denn, man wisse um den alten Standort des Ginkgobaums, den die Schmidts einst von einem Staatsmann geschenkt bekommen haben. „Für den haben wir auf dem Grundstück einen neuen Standort suchen müssen.“ Und die Hängeweide, in diesem Fall ein Präsent der Wächter, werde von der Familie „ebenfalls liebevoll gehegt und gepflegt“. Mehr möchte der Hamburger Kaufmann nicht verraten. Nur so viel noch: „Wir würdigen das Vorgefundene, sammeln hier aber keine Trophäen und machen das Haus auch nicht zu einem Museum.“
Zum guten Ende verrät er aber dies: „Beim Kauf einer Jolle habe ich ein wenig darauf geachtet, dass sie der alten ähnelt.“ Dabei wird ein Lächeln in seiner Stimme spürbar. Sein Fazit: „Die Historie gehört zu diesem Haus, und das wird auch so bleiben. Aber wir wollen jetzt unsere eigene Geschichte schreiben!“