Hamburg. Klaus Beckmann, Präsident der Helmut-Schmidt-Universität, über Diskussionen mit jungen Soldaten und über Frauen in der Bundeswehr.
Prof. Klaus Beckmann (53) hat das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Silber, ist wie der verstorbene Altkanzler Helmut Schmidt Volkswirt, war Professor für Finanzwissenschaften an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr, später deren Vizepräsident. Seit diesem Jahr ist er Präsident der Hochschule. Von 2011 bis 2014 war er der erste ausländische Präsident der Scottish Economic Society.
Haben Sie Helmut Schmidt persönlich kennengelernt?
Prof. Klaus Beckmann: Ja, er interessierte sich wirklich für uns und gab uns 2003 nicht nur seinen Namen. Es hat sich regelmäßig mit den Studierenden getroffen. Er saß dann unten in der Häschengrube …
... Helmut Schmidt saß in einer Häschengrube?
So nennen wir einen etwas tiefergelegten Teil in der Bibliothek. Dort hat er mit den jungen Leuten diskutiert und ihnen die Welt erklärt. Das war ganz großes Kino. Da ging es nicht nur um Erinnerungen, sondern man spürte plötzlich seine ganze strategische Perspektive. Schmidt dachte in Generationen, das hat mich beeindruckt.
Die Lebenslinie von Helmut Schmidt
Schmidt führte die Zigaretten-Gespräche mit „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo meistens freitags im Hamburger Pressehaus. Die Fenster des Büros mussten geschlossen sein, weil Schmidt nur noch auf dem linken Ohr hörte und die Straßengeräusche ihn störten. Er trank eine Tasse Kaffee mit Milch und viel Zucker und rauchte Reyno Menthol. Wie viel Koffein und Nikotin brauchen Sie?
Mein Kaffeekonsum ist kaum zu messen, ich bin ein Zwei- bis Drei-Kannen- Mensch. Aber mit dem Nikotin habe ich 2006 aufgehört, als ich die deutschsprachige Universität in Budapest wieder verließ. Da habe ich alle meine Pfeifen einem Bauern geschenkt.
Sie sind Professor und Oberst der Reserve. War diese Kombination ausschlaggebend für ihre Berufung 2018 an die Helmut-Schmidt-Uni?
Nein, die Helmut-Schmidt-Universität ist eine zivile Einrichtung der Bundeswehr. Wir sind zwar eine Dienststelle der Bundeswehr, also eine Oberbehörde des Bundes, aber als Universität folgen wir genau den gleichen Grundsätzen wie andere Unis.
Hat man die Frau als Chefin der Truppe inzwischen akzeptiert?
Ich bemühe mich um Gleichstellung in meinem Haus, verstehe mich auch als Förderer. Doch die Tatsache, ob jemand ein Mann oder eine Frau ist, spielt für die Akzeptanz in der Bundeswehr keine Rolle mehr. Die Zeiten sind vorbei. Als die Damen zum ersten Mal in die Bundeswehr kamen, da konnte man bei manchen einen gewissen Überehrgeiz feststellen, aber die Organisation jetzt ist sehr viel moderner. Ministerin Ursula von der Leyen genießt bei uns großes Ansehen, sie war in diesem Jahr zweimal bei uns.
Der Frauenanteil an Ihrer Uni beträgt nur 15 Prozent.
Da haben wir tatsächlich noch Bedarf. Deshalb werben wir auch bei Frauen dafür, zu Bundeswehr zu gehen. Es handelt sich um einen abwechslungsreichen, vielseitigen Beruf. Man hat die Möglichkeit, etwas für sein Land und für unsere Gesellschaft zu tun. Zugegeben: Es ist riskant, früher war es das weniger. Als ich als Soldat auf Zeit gearbeitet habe, war der Beruf des Feuerwehrmanns gefährlicher als der des Offiziers. Das hat sich geändert, darüber muss man sich im Klaren sein. Es gibt den körperlichen Einsatz und die Verpflichtung, zu töten. Ich frage mich, was schwieriger ist: Das Risiko, selber zu fallen, oder jemand anderen töten zu müssen? An unserer Uni gibt es dazu natürlich Diskussionen und Kurse.
Was hätte Helmut Schmidt wohl über den Rückzug von Angela Merkel gesagt?
Ich weiß es nicht genau, aber ich glaube, er wäre neidisch gewesen, dass Angela Merkel ihren eigenen Rückzug selbst in der Hand hat, so einen Abgang hätte er sich vielleicht ebenfalls gewünscht. Das Misstrauensvotums im Jahr 1982, das muss jemanden schon mitnehmen.
Schmidt hat seine Meinungen bei der Autorisierung von Interviews nie abgeschwächt, eher pointiert. Wie ist das mit Ihnen?
Uns fehlen heutzutage Menschen mit Meinungen. Ich bin bekannt dafür, auch mal einen nicht so korrekten politischen Spruch zu bringen. Ich neige dazu, Dinge zu sagen, die klar aber nicht einfach sind. Kritik muss ich dann eben aushalten.