Wer derzeit ins Hamburger Kinoprogramm schaut, mag sich verwundert die Augen reiben. Ein südkoreanischer Film, der in gleich 16 Kinos läuft, also eine Abspielfläche hat, die normalerweise Blockbustern wie „Star Wars“ oder „James Bond“ vorbehalten ist? Normalerweise unmöglich, aber in diesem Fall geht es ja um einen frischgekürten vierfachen Oscar-Gewinner, und da füllen sich selbst bei Nachmittagsvorstellungen die Säle.
Die Geschichte, die Regisseur Bong Joon-ho (auch Co-Autor des Drehbuchs) erzählt, ist wirklich originell: Durch Vermittlung eine Freundes wird der Sohn einer armen Familie, die in einer schäbigen Wohnung so dahinlebt, zum Nachhilfelehrer eines Mädchens aus sehr reichem Haus. Geschickt gewinnt er das Vertrauen der Familie und schleust dank einiger Lügen und Intrigen zunächst seine Schwester (als Kunsttherapeutin), dann auch seinen Vater (als Fahrer) und seine Mutter (als Haushälterin) in die Luxusvilla ein. Parasitär (deshalb der Titel) leben die vier recht angenehm und völlig frei von schlechtem Gewissen an ihrem „Wirtskörper“, doch dann sorgt der nächtliche Besuch der geschassten Haushälterin für eine dramatische Entwicklung.
„Parasite“ ist über weite Strecken eine sehr clevere und oft amüsante Versuchsanordnung, eine Mischung aus Komödie, Drama und Groteske, die die soziale Ungleichheit im modernen Südkorea (und damit in der gesamten kapitalistische Welt) thematisiert, ohne zum Agitprop-Kino zu werden.
Insgesamt hat der Film bislang mehr als 200 Preise gewonnen, darunter auch einen Golden Globe und die Goldene Palme in Cannes. So einen Überflieger kann man schon mal in 16 Kinos gleichzeitig zeigen.
„Parasite“ 132 Minuten, ab 16 Jahren, läuft derzeit zu unterschiedlichen Zeiten im 3001, Abaton, Alabama, Astor Film Lounge, Cinemaxx Dammtor + Harburg, Filmraum, Holi, Passage, Savoy, Schanzenkino 73, Studio-Kino, UCI Mundsburg + Othmarschen + Wandsbek, Zeise