Der Ball rollt, und damit auch der Rubel oder besser der Euro. Bei der Euro in Frankreich. Und wie bei jedem Großturnier pumpen Künstler und Label ihre – vermeintlichen – EM-Hits auf den Markt, die begleitend zu den TV-Übertragungen der Spiele in Dauerschleife laufen. Da darf sogar ein Mark Forster nicht nur im ZDF mit „Wir sind groß“ dauerdudeln, sondern sich als „Experte“ zu Oliver Kahn und Oliver Welke ins Studio setzen. Das gleiche Spiel in der ARD für Herbert Grönemeyer und Felix Jaehn mit „Jeder für Jeden“ und dann rumst da ja auch noch Knöpfchendrücker und Kopfhörerhochhalter David Guetta ...

Und plötzlich kommt aus dem Hintergrund ein Song, den niemand auf der Rechnung hatte. Der krasse Außenseiter. Denn zumindest am Beginn des Gekickes kam mit „80 Millionen“ der beliebteste EM-Song von Max Giesinger, in Hamburg lebender Sänger aus dem Karlsruher Umland und Finalist bei „The Voice of Germany“ 2011. Dabei ist es eigentlich ein Liebeslied, das im April auf seinem zweiten Album „Der Junge, der rennt“ erschien. Aber nach Bemerkungen von Freunden, dass das Stück mit ein paar Text-Änderungen als Fußball-Hymne taugen würde, war eine Idee geboren, die zeigt, dass auch der Pop wie der Pokal seine eigenen Gesetze hat.

„So weit gekommen und so viel gesehen, so viel passiert, das wir nicht verstehen. Es wird nicht leicht, aber ihr schafft das schon, denn ihr seid nicht alleine: Hinter euch stehen 80 Millionen“, heißt es jetzt also. Nicht dass das Lied viel besser wäre als oben genannte Konkurrenz, „Three Lions“ bleibt der ewige EM-Hit. Aber die Geschichte ist hübsch.

Und für „Hamburg Sounds“, die regelmäßige Konzertreihe von NDR 90,3 in der Fabrik, ist ein Hit wie „80 Millionen“ wie ein Elfer in der 90. Minute. Schließlich ist Max Giesinger am 30. Juni, zwei Tage vor dem Viertelfinale von Jogis Löwen, der Gast des Abends. Gutes Timing. Wobei niemand Angst haben muss, dass bei diesem Konzert dröhnende Kurvenatmosphäre herrscht. Giesinger ist ein Sänger der milden Sorte, seine beiden Alben – vor zwei Jahren erschien das Debüt „Laufen lernen“ – sind Werke eines Gefühlsmenschen. „Melancholiker“, „Barfuß und allein“, „Vielleicht im nächsten Leben“ oder „Unser Sommer“ zielen auf das Herz. In die Beine geht es eher bei den weiteren Akteuren des Abends. Die Soulisten schöpfen aus ihrem Repertoire von Sinatra über Elvis bis Aretha Franklin und verstärken sich an den Mikros mit Marion Welch, Jessica Mears, Bridget Fogle, Ken Norris, Volkan Baydar und Mimi Schell. Und Giesinger singt: „Die Chance, dass wir uns wiedertreffen, war riesengroß, und so stehen wir jetzt hier.“

„Hamburg Sounds“ – Max Giesinger, Soulisten Do 30.6., 20.00, Fabrik (S Altona), Barnerstraße 36, Karten zu 21,- im Vvk.; www.maxgiesinger.de