Auch wenn sich die Vorstellung hält, zu Stummfilmzeiten habe in der Regel ein mehr oder weniger talentierter Pianist für die musikalische Begleitung der Komödien und Dramen auf Zelluloid gesorgt, sah die Wahrheit doch anders aus. In den USA hatte jede Kleinstadt mindestens ein Miniorchester oder eine große Orgel, die für den entsprechend gewaltigen Klang sorgte. Bei den großen Filmen von D.W. Griffith („Geburt einer Nation“) und Douglas Fairbanks („Die drei Musketiere“) reiste gar ein komplettes Orchester mit, um in jedem Lichtspielhaus für die optimale Begleitung zu sorgen.
Auch Charlie Chaplin, der sich in sein Beverly-Hills-Anwesen eine Orgel einbauen ließ, nahm die Musik zu seinen Filmen sehr wichtig. So wichtig, dass er sie gleich mal selbst schrieb. In David Robinsons Chaplin-Biografie heißt es zwar, der Meister habe Melodien lediglich „vorgesummt“, die dann von „richtigen“ Musikern notiert und nachgespielt wurden, doch andere Autoren legen nahe, dass Chaplin ausgesprochen versiert war und die Scores tatsächlich höchstpersönlich auskomponierte. Mit deutlichen Anleihen bei Puccini, Debussy, Chopin, Rimsky-Korsakow – und unter Anwendung der Wagnerschen Leitmotiv-Technik. Das gilt auch für „City Lights“ („Lichter der Großstadt“), einer 1931 gedrehten Komödie, die am heutigen Mittwoch in der Laeiszhalle zu sehen ist – live begleitet von den Hamburger Symphonikern unter der Leitung von Stefanos Tsialis.
Und darum geht’s: Ein Herumtreiber (Chaplin) verliebt sich in ein blindes Blumenmädchen und möchte ihm eine Augenoperation finanzieren. Nur woher das Geld bekommen? Vielleicht von einem so betrunkenen wie lebensmüden Millionär, den der Mittellose vor dem Selbstmord bewahrt? Gute Idee, wird aber leider nichts draus, so dass der Tramp nach anderen Wegen sucht – und nach einigen Turbulenzen unschuldig im Gefängnis landet. Das Ende der Liebesgeschichte ist das aber glücklicherweise noch lange nicht.
Für alle, die bei „City Lights“ auf den Geschmack kommen, gibt’s gleich zweimal Nachschlag: Am 3. Dezember begleiten die Symphoniker das 2012 gedrehte Stummfilm-Märchen „Blancanieves“ und am 11. Februar Chaplins „Goldrausch“.
Filmkonzert „City Lights“ Mi 20.5., 20.30 Uhr, Laeiszhalle, Johannes-Brahms-Platz (Anreise hier), Karten zu 20 bis 30 Euro unter T. 35 76 66 66