Die Bilderschau in der abgeschabten Gängeviertel-Galerie an der Speckstraße hätte Franz Kaiser (1888-1971) gefallen. Die Räume voller Zeitspuren mit knarrenden Dielen haben etwas Improvisiertes. Etwas, das dem Leben des überwiegend armen Künstlers entspricht, der viele Jahre in Hamburg gelebt hat, im Gängeviertel und dann auf dem Dachboden eines Hauses in der Kanalstraße, wo er als Hausmeister untergekommen war. Die Künstlerin Dagmar Rauwald hat nun in Zusammenarbeit mit der Hamburger Kunsthistorikerin Maike Bruhns die Ausstellung kuratiert, die bis zum 31. Mai zu sehen ist.
Zu Unrecht ist Franz Kaiser fast vergessen, denn er war ein guter, interessanter und eigenwilliger Maler und Holzbildhauer, und es scheint, dass alles, was er anfasste, zu Kunst wurde - sei es Geschirr, das er töpferte, kleine geschnitzte Figuren für Kinder oder Teppiche, die er auf seinem Webstuhl webte, und von denen ein Prachtexemplar in der Ausstellung hängt.
In gedämpften, eher kühlen Farben malte Franz Kaiser halb figürlich, halb abstrakt. Es sind traumartige, manchmal auch Bühnen- oder Altar-ähnlich aufgebaute Bilder, von großer Ausdruckskraft. Manchmal erinnern sie an Paul Klee, mal an Karel Appel oder Asger Jorn. Sie sind aber eigenständig, haben eine eigene Aussage und ein eigenes Themenspektrum. Die Ausstellung zeigt hochpolitische Bilder, in denen Kaiser mit dem Militär abrechnet, mit dem Polizeiapparat und ganz allgemein mit der menschlichen Niedertracht. Ein Gemälde von 1968 zeigt einen Trupp uniformierter Soldaten, die „Knüppelgarde“, die den größten Teil des Bildes einnimmt und eine Gruppe schmächtig-kleiner, bekränzter Blumenkinder an den Rand drängt, die den gekreuzigten Jesus Christus in ihrer Mitte haben. Fast alle Gemälde zeigen, dass Franz Kaiser ein sehr spiritueller Mensch gewesen sein muss, denn sie sind bevölkert mit Christus, Priesterfiguren, Engeln, Kreuzsymbolen und Erleuchtungsszenen.
Jürgen Winzer, einst Franz Kaisers Arzt und dessen Nachlassverwalter, wünscht sich sehnlich, dass die Hamburger Kunsthalle die Bilder Kaisers in Gewahrsam nimmt. Das ist einer der Gründe, warum er nun diese Ausstellung zu Wege gebracht hat.
„Kaiser ohne Thron“ Ausstellung bis 31.5., Galerie Speckstraße, Speckstraße 85, mittwochs bis freitags 15 bis 19 Uhr, sonnabends und sonntags 11 bis 16 Uhr, Eintritt frei