Mal traditionell, mal modern, mal international und immer wieder überraschend: Auf 538 Metern bieten viele Cafés und Restaurants auch Mittagstisch an – nicht nur für Studenten und Anwohner aus dem Viertel.
Kaum eine kleine Einkaufsstraße ist so beliebt wie der Grindelhof. Und die Liebe geht durch den Magen: Es gibt Dutzende Restaurants und Cafés – für Studenten und ehemalige Studenten, Eimsbütteler und Besucher. Man kann in Erinnerungen schwelgen, denn etliche Restaurants existieren seit Jahrzehnten. Und wer die Gastro-Trends entdecken will, muss einmal mittags über die 538 Meter lange Straße gehen.
Der Grindelhofhat ein Oben und ein Unten: Im unteren Teil besteht das das französisch orientierte Abaton Bistro seit 14 Jahren. Motto: „Bedächtig, nicht eilen“. Man will ein „kommunikatives Zentrum“ sein. Das heißt: Kennenlernen fällt einfach – überall am Grindel wichtig. Das Hühnerfrikassee mit Gemüse und Reis kostet 7,80 Euro, ist reichhaltig und bodenständig. Für fünf Euro gibt es eine 0,75-Liter-Flasche Wasser („Viva con Agua“). „Puristisch“ sei das Publikum, sagt der Service. Was wohl heißt: Man will eine natürliche Küche und Zeit haben zum Speisen.
Auf der anderen Straßenseite betritt man den Orient: Im Hindukusch hängen alte Teppiche, Glöckchen und Geweihe an den Decken und Wänden. Es ist eng, duftet geheimnisvoll-fremd, und afghanische Volksmusik kommt aus dem Lautsprecher. Für 10,50 Euro serviert Koch Quadir Fagiry ein üppiges Safran-Palau (Nationalspeise) mit braunem Basmatireis, gebratener Aubergine, Lamm, Hacksoße, Knoblauch-Minze-Quarksoße und Salat. Seit 35Jahren lockt der Duft des Orients zum Hindukusch an den Grindelhof 15.
Genusskontor: Weinlager, Käse- und Wursttheke
Eine moderne Welt hat Michael Christ am Grindelhof 6 sich geschaffen: Das „Genusskontor“ mit Weinlager, Käse- und Wursttheke sowie Mittagstisch. Den letzten Mittagstisch hat an diesem Tag der Stammgast und Geigenbauer Carsten Friese bekommen: Maishähnchen mit Semmelknödel für 8,50 Euro „an einer leichten Roquefortsoße“, wie Michael Christ betont. Und man erkennt sofort: Der Koch gehört zu den Begeisterten seines Faches, ist auch humorvoll: „... ich koche von Geburt an!“
Der Geigenbauer trinkt mitgebrachten Wein seiner Geschäftsfreunde und lobt: „Das ist hier Mittagstisch mit fünf Sternen.“ Koch Christ ist verheiratet mit Susanne Mohr, deren Eltern hier bis zum Jahr 2000 die 1948 gegründete Schlachterei Mohr betrieben. Das Genusskontor heißt daher Mohr&Christ.
Die ungewöhnlichste Grindel-Küche liegt im Keller der Joseph-Carlebach-Schule am Grindelhof 30. Hier arbeitet der Koch Christian Spier. „Wir haben die einzige koschere Küche Norddeutschlands“, sagt er. Man kann dort zwar nicht essen, doch die Schule beliefert das nahe koschere Bistro Deli King und Kunden, die ein Catering bestellt haben. Es ist eine andere Welt: ruhig, freundlich und in der Küche von perfekter Sauberkeit. „Alle sind hier so herzlich, dass es viel Spaß macht“, sagt Christian Spier. Für das Deli King kocht er eine Suppe mit Seehecht, Zwiebeln, Steckrüben, Kartoffeln und Kürbis. Ein altes Rezept, das nur mit Salz, Lorbeer und Brühe gewürzt ist.
Gegenüber, am Grindelhof 43, serviert das American Restaurant mit Namen Doris Diner hauptsächlich Burger. Rote Lederstühle, Chrom und eine alte Musikbox schaffen eine 50er-Jahre-Atmospähre, die seit 1995 von Indern gepflegt wird. Der 180-Gramm Cheeseburger (mit Pommes und Cole Slaw) kostet 8,90 und in der 360-Gramm-Version 10,50 Euro. „Wir Inder sind fleißig, zuverlässig, verantwortungsvoll, lebendig, nett und können rechnen“, erklärt Geschäftsführer Vinod Khanna den Erfolg. Rindfleisch isst trotzdem keiner der Angestellten.
Am Grindelhof 45 steht seit 40 Jahren „Der Etrusker“. Eine Institution vollmundiger, italienischer Lebenskunst. Hinterm Tresen heute: Delia Bastari, die Tochter von Luisa Alessandrini. Eine Vollblutgastronomen, vernarrt in fröhliche Gastlichkeit. „Ich bin immer gut drauf, das Leben ist schon schwer genug!“ sagt sie. An den Wänden Lobeshymnen der Gäste, dazu italienische Gassenhauer von der CD; Kellner Georgio – seit 25 Jahren dort – singt mit. Die Pizza Margherita kostet sechs Euro, Ravioli mit Steinpilzfüllung 12,50 Euro, das Vier-Gänge-Überraschungsmenü 37 Euro. „Unsere Gäste sind wie eine Familie, viele kamen schon als Studenten zu uns“, sagt Delia.
L‘espresso Bar: Auch Werber fühlen sich hier wohl
Etwas cooler, moderner und leiser geht es seit 1987 in der „L’espresso Bar“ (auch Grindelhof 45) zu. Unter den hell-gespachtelten Wänden fühlen sich auch Werber in dem Ecklokal wohl. Alles ist offen und übersichtlich, sodass man stets gesehen wird. 17,50 Euro kostet die italienische Spezialität Kalbsleber in Butter mit Salbei. Nach manchen Spezialitäten sollte man fragen, wie nach der Fischsuppe für 15,50 Euro, die nur auf der Tageskarte steht. 40 Plätze hat das Restaurant. Der schnelle Augenkontakt und das Gespräch über Tische hinweg gehören auch hier dazu.
Das modernste Konzept haben die „Küchenfreunde“ am Grindelhof 64: zwei smarte junge Köche, die offensichtlich beschlossen haben, mit frischen Delikatessen ihr gesamtes gastronomisches Leben wie ein Weltmeisterschaftstraining zu betreiben. Johannes Schröder und Thomas Mayer sind topausgebildete Köche und am Grindel „vom Erfolg überrannt worden“. Abends wird man in Zukunft nicht mehr reservieren können. „Wir wollen auch anderen Gästen eine Chance geben“, sagt Schröder.
Küchenfreunde: Eigens produzierter Apfelsaft
Wer die „Küchenfreunde“ betritt, ist erst mal überrascht von der Vielfalt der dort angerichteten Vorspeisen, Salate, Puddings und der vielen „Stehrümchens“ wie Johannes Schröder zum Beispiel einen Apfelsaft nennt, den er produzieren lässt. Überall sind Regale mit Kleinigkeiten. Alles ist Natur und vieles vegetarisch. „Viele Gäste wollen heute mittags weder Fisch noch Fleisch, der Trend zum Vegetarischen wird sich weiter entwickeln.“
Bio, Natur, Regionales, Nachhaltigkeit und Wertigkeit der Produkte sind für das moderne Küchen-Konzept wichtig. Johannes Schröder schöpft aus dem Vollen: Sein Vater ist Demeter-Landwirt auf dem Kastanienhof Reeßeln in der Ost-Lüneburger Geest.
Wenn die Gäste bei den „Küchenfreunden“ eng sitzen (was man dort gern macht) gibt es 60 Plätze. Serviert werden Klassiker wie ein Wiener Schnitzel für 14,80 Euro oder Ungewöhnliches, wie die geröstete Blumenkohlsuppe mit Datteln und Kerbel (5.90). Das Lunch-Menü kostet 13 Euro.
Am Grindelhof 87 befindet sich das jüdisch geprägte Café Leonar. Es ist eine Oase für Kuchen- und Kaffeeliebhaber, aber vor allem ein Ort, der viele inspiriert. Bücherregale stehen dort, und es gibt fünf Steckdosen für Literaten, die mit Laptops zum Arbeiten hierherkommen. „Manche sitzen stundenlang hier“, sagt Betriebsleiterin Franziska von Maltzahn. Ein Fünftel seien Stammgäste. Stolz ist sie auf die Kaffee-Spezialitäten. Das „Steak-frites“ mit Pommes, kleinem Salat und hausgemachter Mayonnaise kostet 10,90 Euro. Gern genommen werden die Mezze (syrische Vorspeisen) oder die „Goldene Joich“, eine Hühnerbouillon für 6,50 Euro. Im Jahr 2008 wurde das Café Leonar am Grindelhof 57 eröffnet. 2011 musste es umziehen. „Mitte 2014 werden wir am alten Ort wiedereröffnen“, sagt Franziska von Maltzahn.
Hausgemachtes produziert „Die Sahneschnitte“, die ihre Leckereien auf dem Wochenmarkt am Hallerplatzam Freitag anbietet, der sich an den Grindelhof anschließt. „Den Betrieb im Alten Land gibt es seit 1968“ sagt Inhaber Tim Langeheine. Am meisten verkauft er Käsekuchen, das Stück für 1,90 Euro, und ein Toastbrot „aus 100 Prozent Dinkel“ (3,30 Euro für 500 Gramm).
Das ist hier Mittagstisch mit fünf Sternen.