Im Harvesterhuder “Prinz Frederik“ speist ,man göttlich bei den Menüs von Sterne-Koch Jochen Kempf
Es gibt etwas zu feiern, folglich soll es kein Abend wie jeder andere sein. „Lass uns ins ‚Prinz Frederik‘ gehen“, rät die Holde, „da wird individueller Geist großgeschrieben.“ Erstauntes Schulterzucken quittiert sie, typisch Frau, mit stichwortartigen Fakten: Restaurant in einem der persönlichsten Hotels der Stadt, Harvestehude, ein Stern, klein, aber fein, Geheimtipp unter Hanseaten.
Und wirklich. Das inhabergeführte, weiße Patrizierhaus nahe dem Klosterstern ist schon von außen ein Gedicht. Ein architektonisches Kleinod Baujahr 1897. „Nehmen Sie doch erst einmal am Kamin Platz“, rät eine fröhliche, plietsche Dame in Schwarz. Auf einen Aperitif, um in aller Ruhe aus der Karte zu wählen. Der Salon ist im Farbton „Ochsenblut“ gehalten; dazu passt ein Wandgemälde, das zwei Highland- Cattles mit zotteligem Fell zeigt. „Hier wird nicht schlicht gegessen“, bringt es die Begleiterin trefflich auf den Punkt. „Hier wird Tafeln zelebriert.“
Folglich kann die rechte Spalte der Karte nicht mehr schocken: Ein Stern hat seinen Preis, und die Künste des Maître Jochen Kempf werden über die Grenzen der Hansestadt hinaus gerühmt. Das dreiteilige Abtei-Menü für Einsteiger kostet 69 Euro, zwei weitere, um zwei oder drei Gänge reichere Varianten schlagen mit 90 beziehungsweise 95 Euro pro Person zu Buche. Ein vorübergehender Moment der Sprachlosigkeit wird zum Blick durch den Speiseraum genutzt. Direkt neben dem roten Salon gelegen, ist das teilweise verspiegelte Zimmer mit den vielen Fenstern türkisfarben gehalten. Acht liebevoll gedeckte Tische mit Kerzen und frischen Blumen bieten Platz für maximal 25 Gäste. Ein anderer Gourmet erzählt später, dass sämtliche Menüs mit Akribie und kochender Kunstfertigkeit komponiert sind.
Das Amuse-Gueule wird gleich in zweifacher Ausfertigung serviert. Es schmeckt derart köstlich, dass es höchst gerne richtig losgehen kann. Der Atlantik-Hummer mit Kürbis-Aprikosen-Chutney und Safran lässt die Zunge tanzen. Am Herd muss ein wahrhaftiger Meister stehen, keine Frage. Doch, gemach, es kommt noch besser. Zuvor jedoch wird ein Besuch der Waschräume im Souterrain zur kleinen Inspektion genutzt. Bis ins Detail hat alles Stil. Die Melange aus hanseatischer Bauweise, gekrönt von anglophil gehaltener Einrichtung und Antiquitäten, strahlt Würde aus, ohne überladen zu wirken. Zurück ins Wohnzimmer; denn der Speiseraum ist nichts ande- res. Hier ist Wohlfühlen Trumpf. Karl Friedrich Herzog von Holstein- Gottorf alias Prinz Frederik auf dem Ölgemälde über unserem Tisch ist Zeuge: Die Hauptgerichte fallen grandios aus. Das gebratene Steinbuttfilet mit Zitrussauce, jungem Spinat und Zitronenalbedo könnte besser nicht munden. Eigentlich müsste man Applaus spendend in die Küche gehen.
Angenehm gesättigt und bestens gestimmt ist nunmehr Zeit für den schönsten Teil dieses Festtages mitten in der Woche: Klönschnack mit der Holden.
Restaurant Prinz Frederik im Hotel Abtei, Abteistr. 14, 20149 Hamburg, Tel. 44 29 05, Di–Sa 18–22 Uhr, Reservierung erforderlich, www.abtei-hotel.de
BETE GEGART IN SALZKRUSTE
Rezept von Joachim Kempf
Für 4 Personen:
2 kg grobes Meersalz
3 Bete, vorzugsweise Forono, Albena und Golden (historische Gemüsesorten)
1 Handvoll Heu
4 Eiweiß
Joghurt: 300 g Schafsmilchjoghurt
1 Limone,
1 Prise Salz
3 Blatt Gelatine (im kalten Wasser eingeweicht)
Vinaigrette:
1 EL Gemüsebrühe
2 EL Apfelessig
2 EL natives Rapsöl „Bondor“
1 Prise Koreandersamen (fein gemahlen)
Salz und Zucker
zur Deko:
diverse Kräuter und Esspapier aus Roter Bete
Meersalz mitEiweiß und etwas kaltem Wasser vermischen. Die Hälfte auf ein Backblech geben und die Bete drauflegen, das Heu verteilen und mit der restlichen Salzmischung bedecken. Bei 180 °C im Ofen ca. 60 – 70 Min. weich garen.
Die Zutaten für die Vinaigrette verrühren und kräftig abschmecken. Die Bete schälen und in Stücke schneiden und dann für mindestens 1 Stunde in der Vinaigrette einlegen.
Für den Schafsmilchjoghurt die Gelatine im Wasserbad auflösen und mit den restlichen Zutaten mischen. Den Joghurt in eine Kastenform füllen und kalt stellen. Den festen Joghurt in Würfel schneiden.
Bete und Joghurt abwechselnd auf einem Teller anrichten. Kräuter mit der Vinaigrette marinieren und dekorativ anrichten. Esspapier an der Seite anlegen.
Kurz-Biografie
Küchenchef Jochen Kempf, 41, lernte im Kempinski Hotel Gravenbruch. Über Stationen im „Tantris“ in München und im Hamburger Hotel Prem kam der gebürtige Hesse 2004 ins „Prinz Frederik“. Dort setzt der Anhänger mediterran-französischer Küche seine Idee in die Tat um: „Ich möchte Gäste durch den Abend führen.“ Der Sternekoch und Liebhaber einer fantasievollen Gemüseküche, schätzt privat z. B. Wiener Schnitzel mit mariniertem Kopfsalat.