Weihnachtsgebäck mit buntem Zucker und kleinen Gemälden ist im Kommen. Aber noch lassen sich Vanillekipferl und Zimtstern nicht verdrängen. Das Abendblatt hat sich umgeschaut.
Weihnachten ohne Plätzchen ist wie Ostern ohne Eier. Diese christlichen Festtage und diese Lebensmittel gehören untrennbar zusammen. Vanillekipferl, Lebkuchen, Bärentatzen, Braune Kuchen oder Spekulatius werden in der Adventszeit und an den Festtagen gern und reichlich geknabbert. „Konservatives Gebäck geht am besten“, weiß der Obermeister der Hamburger Konditoren-Innung, Dierk Eisenschmidt, und zählt auch Baumkuchen dazu. Und noch eine Erfahrung hat der hanseatische Fachmann gemacht: „Zimt muss dran sein.“
Der Ursprung des heutigen Weihnachtsgebäcks liegt vermutlich in den mittelalterlichen Klöstern. Zum Gedenken an die Geburt Jesu war erlesenes Backwerk üblich. Runde Plätzchen ähneln außerdem den Hostien, die während des Gottesdienstes zum Abendmahl gereicht werden. Die frühesten Belege für die Verwendung teurer und exotischer Gewürze aus dem Orient wie etwa Zimt, Nelken, Ingwer oder Kardamom stammen aus den Klöstern. Dort wurden auch Rezepturen für Lebkuchen entwickelt. Es wird vermutet, dass das edle Gebäck deshalb um Weihnachten und Neujahr unter den Armen verteilt wurde.
Als im 19. Jahrhundert die Teekultur der Briten auf dem Kontinent Mode wurde, brauchte man auch das passende Gebäck. Vor allem Zuckerbäcker aus Österreich, Ungarn und Böhmen erfanden kleine Köstlichkeiten. Und so wurden Vanillekipferl, Spritzgebäck und Butterplätzchen salonfähig. Die Leckereien wurden besonders zu Weihnachten mit Schokolade, Marzipan, Marmelade oder Nüssen verfeinert. In vielen deutschen Dialekten bedeutet „Platz“ kleiner, flacher Kuchen. Daraus entstand das Wort Plätzchen.
Aus ausgerolltem Mürbeteig werden Kekse ausgestochen. Und da gibt es mittlerweile die ausgefallensten Formen und Figuren im Angebot. Zu Weihnachten also nicht nur Sterne oder Tannenbäume, sondern auch die Elbphilharmonie oder den Michel, den Hummel-Mann oder den St.-Pauli-Totenkopf, das Stadtwappen oder das Bekenntnis „I love Hamburg“.
In Privathaushalten werden vor allem zu Weihnachten traditionell Kekse und Plätzchen gebacken. Mitten im Advent kommen Nudelholz und Ausstechformen, Küchenwaage und Mehlsieb, Backblech und Schneebesen zum Einsatz. Tee kochen, die passende Musik einschalten, Schürze umbinden, Kerze anzünden – dann kann der Großeinsatz mit besinnlicher Note in der Küche beginnen.
Eine ehemalige Modedesignerin kreiert jetzt Engel und Nikoläuse aus Keksteig
Aber auch in vielen Hamburger Konditoreien wird jetzt ausgerollt, ausgestochen und geformt. „Zimtsterne und Braune Kuchen sind die Renner“, sagt Keksbäcker Jürgen Tandetzki. Dabei unterscheidet der Fachmann aus Lokstedt zwei Sorten bei den Braunen Kuchen. „Die runden werden gespritzt und sind dünner. Die Hamburger Braunen Kuchen sind rechteckig und werden aus einem Teig gebacken, den ich schon im Sommer mit besonderen Gewürzen angesetzt habe.“ Die Rezeptur stammt vom Großvater von Tandetzkis Ehefrau Silke. Außerdem sehr beliebt: Baumkuchen und Dominosteine mit Zartbitter- oder Vollmilch-Kuvertüre und sechs verschiedenen Marmeladen-Füllungen.
Britta Reimann aus Pinneberg setzt auf Lebkuchen-Taler ohne Früchte und Ingwerplätzchen. „Die Rezepte hat mein Vater entwickelt“, sagt die Expertin, die ihr Gebäck ohne Ei herstellt. Und Reimann weiß: „Zu Weihnachten wollen die Kunden etwas Traditionelles.“ Diese Erfahrung hat auch Matthias Max gemacht. „Zum Fest soll alles so sein wie immer.“ Und deshalb stellt der Konditor zu dieser Jahreszeit verstärkt Bethmännchen und Spitzbuben her. „Sehr viel Handarbeit“, sagt Max, „ich bin froh, wenn Weihnachten vorbei ist.“
Dass es noch viel aufwendiger geht, zeigt ein Trend aus den USA und Großbritannien: Kekse dekorieren. Eine halbe Mandel auf dem Keks, bunte Streusel oder ein Klecks Schokolade waren gestern, jetzt geht es um Zuckerglasur in bunten Farben, feine Pinsel und Spritzbeutel sowie eine sichere Hand. Im Internet gibt es zahlreiche Tipps und Video-Anleitungen, wie die kleinen Kunstwerke gelingen können. Nadja Bruhn hat sich als Keks-Designerin in Hamburg selbstständig gemacht. „Bei dekorierten Keksen ist Deutschland noch Brachland“, sagt die Bäckerin. Aus Buttermürbeteig sticht Bruhn zu Weihnachten Sterne, Engel, Nikoläuse und Tannenbäume aus. Alle werden mit einem feinen Zuckerstrich umrandet, dann bemalt, getrocknet und verziert. „Alles Handarbeit“, sagt die Expertin, die bei den Keksen auch von ihrer Erfahrung als Modedesignerin profitiert. Stephanie Emmert backt Honiglebkuchen in Stiefelform und verweist auf eine deutsche Dekotradition. „Hier gab es schon immer das Lebkuchenhaus, das auch mit Mandeln und Zuckerguss verziert wurde.“
Aufgemotzte Plätzchen oder traditionelle Zimtsterne – in der Weihnachtszeit gehören Naschereien aus dem Backofen dazu wie besinnliche Stimmung und Kerzenlicht. Und nach den Festtagen kann man ja wieder das Knäckebrot in die Keksdose packen.
Keksbäcker in Hamburg
Der Keksbäcker, Sorthmannweg 10, www.der-keksbaecker-hamburg.de
Keks-Backstübchen, Dingstätte 39, www.das-keks-backstuebchen.de
Herr Max, Schulterblatt 12, www.herrmax.de
Henk und Henri, Haynstraße 19, www.henkundhenri.de
Emmas, Hofweg 63, www.emmas-hamburg.de
Style Your Cake, Lehmweg 40, www.styleyourcake.de
Julies Cakes, Eppendorfer Weg 158, www.julies-cakes.de