Eine landesweite Ärztestudie bringt endlich Aufklärung ins Sex-Leben der Briten. Manche nehmen am liebsten ihr iPad mit ins Bett
„Wir haben keine anderen Vergnügungen außer Laster und Religion“, schrieb der englische Geistliche Sidney Smith vor 200 Jahren über seine Landsleute. Mit Laster war vermutlich gemeint, Gewürze ans Essen zu tun. Denn ansonsten heißt es ja: No sex please, we are British. Die Aufforderung Lord Nelsons vor der Schlacht von Trafalgar 1805, „England erwartet von jedem, dass er seine Pflicht tut“, galt auch für das äußerst Zwischenmenschliche; jungen Ehefrauen wurde ans Herz gelegt: Die Augen schließen und an England denken. Im Land der teesüchtigen Seetüchtigen, so scheint es manchmal, ist nur die Oberlippe steif. Doch das täuscht – unter der Westminster-Oberfläche brodelt es gewaltig. Man erinnere sich nur an den Tory-Abgeordneten Stephen Milligan, der im Februar 1994 leblos auf dem Küchentisch gefunden wurde, bekleidet nur mit Damenstrümpfen, eine Plastiktüte über den Kopf und eine Orange im Mund. So was kommt im Bundestag eher selten vor!
Eine nationale Studie im Auftrag des Ärzteblattes „Lancet“ ergab nun, dass die Briten weniger häufig intim werden als früher, dafür aber Abwechslung schätzen. Ging es 1990 noch fünfmal im Monat zur Sache, sind es heute nur dreimal. Denn: „Die Menschen nehmen ihre iPhones und iPads mit ins Bett“, sagt Studienleiterin Kaye Wellings. „Sie arbeiten heute härter und haben weniger Zeit für Sex.“ Nun, dies ist ein Weckruf an die Elektronikindustrie, in ihren Geräten auch eine erotische Funktion zu installieren. Dann geht’s ab mit der App. Dennoch ist die Zahl der Sexpartner gestiegen – bei Frauen von vier auf acht, bei Männern von neun auf zwölf. Und es werden mehr Sexpraktiken ausprobiert. Eine Umfrage vom Oktober hatte ergeben, dass 73 Prozent der Frauen im Südosten der Insel auf Bondage, Rollenspiele und flotten Dreiern stehen. Die Damen denken übrigens nicht daran, dabei an England zu denken. Die meisten Engländerinnen haben George Clooney vor Augen; die Schottinnen Hugh Jackman.