Hamburg. Im Grindelhof bekommen Sie die außergewöhnlichsten Kartoffeln, Hummus und Apple Pie. Teil zwölf der großen Serie.
Es gibt in der Nähe der Universität so viele Kneipen und Restaurants, dass es an ausreichend Nervennahrung für die Studenten nicht mangeln sollte. Die Talmud-Tora-Schule und das Abaton Kino bilden gefühlt das Zentrum des Grindelhofs, kulinarisch interessant ist es aber besonders auch am Anfang und am Ende der Straße.
1. Cup'n Go Fast Food mal richtig gut: Bei Cup’n Go muss man nicht viel bezahlen, um richtig tolles, gesundes Essen zu bekommen. Die Hauptrolle spielt hier die Kartoffel, sie wird in Wasserdampf gegart, behält dadurch alle Nähr- und Ballaststoffe, lässt aber viel Stärke im Wasser. So bleibt man lange satt, ohne sich schwer zu fühlen. Die vielen Kinder und Studenten, die hier mittags reinkommen, interessieren die geringen Kalorien natürlich nicht die Bohne, die finden die in einer manuellen Spezialpresse zubereiteten Kartoffeln mit allerlei Wunschzutaten im Becher einfach nur lecker. Außerdem dürfen sie spielen: Wer einen Dreier-Pasch würfelt, muss nichts bezahlen. Dabei sind die Preise ohnehin moderat.
Ab 2,99 Euro kostet ein Kartoffelbecher mit Käse, Röstzwiebeln und einer leichten Sour Cream: das ist der Kartoffelbrei 2.0. „Macht süchtig, ungelogen“, verspricht Resul Cetin, der die Idee zu seinem Geschäft bei einer Geschäftsreise in Malaysia hatte. Wochenlang war der Hamburger Unternehmensberater dort unterwegs, „und ich fand das Essen furchtbar, sogar die Spiegeleier schmeckten süßlich“. Also kochte er sich Kartoffeln im Wasserkocher auf dem Hotelzimmer und entwickelte eine Reihe von Rezepten. 70 Kilo Kartoffeln gehen nun täglich im Grindelhof über die Theke, dazu viele Wraps. Die ersten Wraps, die nicht alles volltropfen, absolut bürotauglich.
Grindelhof 1, täglich 10 bis 21 Uhr, 040/28473962, www.cupngo.de
2. Salon Wechsel Dich Wer auf Abwechslung steht, der ist im Salon Wechsel Dich richtig. Hier sieht es immer anders aus, denn die Einrichtung kann man kaufen und verändert sich dadurch permanent. Stühle, Tische, Vasen, Lampen und viel, viel Kunst von jungen Designern. „Kunst und Kaffee passen meiner Meinung nach hervorragend zusammen“, sagt Chi Steinbach, die das Café 2013 eröffnet hat. Zu der Zeit war sie noch mitten im Lehramtsstudium, doch ihr gefielen die aufklappbaren 3-D-Karten ihrer Tante aus Vietnam so gut, dass sie einen Ort schaffen wollte, in dem man die kleinen handgefertigten Stücke verkaufen konnte.
Die Gastronomie spielte anfangs gar nicht die entscheidende Rolle, doch dann waren die holländischen Waffeln bei den Gästen ein solcher Renner, dass sie inzwischen die begehrtesten Kunstwerke im Salon Wechsel Dich sind. Von außen kross, von innen schön matschig, dazu gibt es neben süßen auch herzhafte Varianten, was in Hamburg einmalig ist. Besonders lecker sind die mit cremigem Ziegenkäse, selbst gemachtem Birnenchutney und Thymian für 5,50 Euro.
Grindelhof 62, täglich 10 bis 18 Uhr, 040/32039889, www.salonwechseldich.de
3. Arkadasch Es gibt einige Institutionen im Grindelhof. Das Abaton Bistro beispielsweise, und schräg gegenüber liegt das Arkadasch. Wenngleich es in der Vergangenheit ein paar Probleme mit dem Pächter gab, muss man es einfach mögen wegen seiner vom Tellerwäscher-zum-naja- nicht-Millionär-Story – immerhin wurde aus dem Tellerwäscher ein Restaurantbesitzer. „Mein Vater ist mit nichts aus der Türkei nach Deutschland eingewandert und hat das hier vor 39 Jahren alles aufgebaut. Ich bin in diesem Laden groß geworden, also kümmere ich mich nun natürlich darum“, sagt Özgür Özden. „Arkadasch“ ist das türkische Wort für Freund, und das Gefühl, bei Freunden zu essen, will der 42-Jährige seinen Gästen vermitteln. Bei Joghurt Kebab (14,80 Euro), Köfte (12,70 Euro) oder Moussaka (12,20 Euro) sollen die Gäste ruhig miteinander ins Gespräch kommen. In den Achtzigerjahren fanden hier heiße Diskussionen statt, unter den Gästen waren einige RAF-Mitglieder, ob Özden das in seiner Kindheit mitbekommen habe? Er lacht. Kann sein. Ihm geht’s ums Heute: „Ob arm, reich, schön, hässlich, jede Religion ist bei uns willkommen. Nur Chichi gibt’s bei uns nicht.“
Grindelhof 17, täglich ab 10 Uhr, 040/41125941, www.arkadasch.de
4. Café Leonar In den Bücherregalen stehen Werke von jüdischen Schriftstellern, im Salon finden viele Veranstaltungen zu Themen des Judentums statt, aber im Café Leonar wird nicht koscher gekocht. Das wäre viel zu aufwendig. Dennoch: Der Fokus der Speisen liegt auf der nahöstlichen Küche. Die Gäste essen Mezze, israelischen Salat oder Hummus und Tehina (4 Euro). Gerade den Hummus sollte man unbedingt probieren. Er ist weißer und sämiger als anderswo und wird nach einem Rezept des israelischen Starkochs Yotam Ottolenghi zubereitet. Dann wiederum findet man ein Schnitzel auf der Karte. Passt das denn zusammen? „Durchaus, die jüdische Küche ist eine sehr internationale“, erklärt Aliyas Karimi. Sein Café ist bereits morgens gut gefüllt, da gibt es beispielsweise Shakshuka (gebackenes Bio-Ei in Paprikasauce) mit Brot für 6,10 Euro.
Grindelhof 59, täglich 8 bis 24 Uhr, 040/27881012, www.cafeleonar.de
5. Doris Diner Es sind Inder, die ein amerikanisches Diner mit typisch deutschem Vornamen in Hamburg betreiben. Globalisierung macht Spaß, geht man ins Doris Diner. Wer zum ersten Mal Gast ist, bekommt meist große Augen, steht seine Bestellung plötzlich vor ihm. „Was? So viel?“ Besitzer Kumar Tarlochan findet große Portionen sehr amerikanisch, niemand soll bei ihm hungrig vom Tisch gehen. Die Einrichtung erinnert an die Sechzigerjahre. In die roten Lederbänke gekuschelt hat man den Eindruck, gleich kämen Marilyn Monroe und John F. Kennedy auf einen geheimen Milchshake (3,90 Euro) vorbei. Wer auf Kalorien pfeift, bestellt sich noch einen Burger oder Apple Pie und Ice Cream (4,20 Euro) obendrauf. Puh.
Grindelhof 43, täglich 10-24 Uhr, Fr und Sa bis 1 Uhr morgens, 040/440278, www.doris-diner.de
6. L'Espresso Bar Seit 25 Jahren gibt es die L’Espresso Bar im Grindelhof. Vor zwei Jahren wurde das Restaurant renoviert. Die Decke ist nun weiß und nicht mehr Reeperbahn-rot, die anderen Erneuerungen bemerkt man kaum. „Unsere Stammgäste bestanden darauf, dass nicht so viel geändert wird, und man muss auf seine Gäste hören“, sagt Valentino Diaconita. Seit vielen Jahre serviert er superdünne Pizzen (ab 6,50 Euro) oder Spaghetti Casa (12,50 Euro), er liebt das Viertel von Herzen: „Der Grindelhof ist ein kleines Dorf, ich kenne die Kinder, die Hunde, die Autos der Leute. Wir sind eine große Familie, die eine schöne Flanier- und Genussmeile direkt vor der Tür hat.“
Grindelhof 45, täglich ab 12 Uhr, 040/447989, www.lespresso-bar.de
7. Der Etrusker Der Name kommt von dem antiken Volk, das bekannt war für seine Wandmalereien. Die Räume im Etrusker hingegen werden von riesigen Fotos der Besitzerin Luisa verschönert. Eine Italienerin, wie man sich eine echte Italienerin vorstellt. Ihre Tochter Delia Bastari führt inzwischen die Küche des Restaurants, das es bereits seit 45 Jahren gibt, Mama Luisa geht mit ihren 73 Jahren aber noch jeden Tag die Zutaten einkaufen. Bodenständige Speisen mit dem gewissen Pfiff, das bekommt der Gast bei diesem Italiener. „Ich liebe das Kochen so sehr, ich will meinen Gästen ansehen, dass sie zufrieden sind, dass sie eine Geschmacksexplosion erleben“, sagt Delia Bastari. Momentan seien ja alle Koch, weil es in Mode sei, ergänzt die 50-Jährige, „aber mir wurde es in die Wiege gelegt“. Wer sich von Delias Talent überzeugen möchte, probiert Fettuccine mit Kaninchen-Ragout (13,50 Euro), danach Pannacotta und einen Cynar. Oder er vertraut der Küche vollkommen und bestellt das Überraschungsmenü für 40 Euro.
Grindelhof 45, täglich von 12 bis 24 Uhr, 040/4101305, der-etrusker.de
8. Küchenfreunde Obwohl man in dem Laden mit nur 30 Plätzen mittags gar nicht richtig durchkommt, muss man die Küchenfreunde einfach lieben. Sie bereiten einfache Sachen zu, die immer nach etwas mehr schmecken. Den Caesar-Salat (16 Euro) beispielsweise könnte Hannes Schröder gar nicht mehr von der Karte nehmen, ohne wütende Demonstrationen seiner Stammgäste zu provozieren. Der 36-Jährige legt Wert auf Mitarbeiter, die seine Idee der Regionalität genauso lieben und transportieren wie er. Darum nimmt er sie mit zum Hof in Bleckede, auf denen die Küchenfreunde selbst anbauen. „Wer gefühlt hat, was es bedeutet zu ernten, geht in der Küche ganz anders mit den Zutaten um“, sagt Schröder. Die Tagesgerichte wechseln, die Vorspeisen-Etageren und köstlichen Weine gibt es immer. Die günstigste Flasche soll stets unter 20 Euro kosten, finden die Küchenfreunde, und auch sonst sind sie sehr, sehr weise, wie man an den Sprüchen an der Wand lesen darf: „Egal, wie oft man im Leben stürzt, wie sehr man hasst, wie oft einem das Herz gebrochen wurde: Pommes schmecken immer.“
Grindelhof 64, Mo bis Fr von 12 bis 15 Uhr und ab 18 Uhr, 040/45000838, www.kuechenfreunde.net
9. Neumann's Bistro & Weinbar 50 offene Weine und einer köstlicher als der andere. In Neumann’s Bistro & Weinbar besteht die Gefahr, das Ende eines schönen Abends immer wieder hinauszuschieben. Trinkgenuss und Probierspaß spielen hier die Hauptrolle. Viele Tropfen könnte man locker ohne Beilagen trinken, da reicht etwas Parmesan oder eine Etagere mit Wurst- und Käsevariationen (14,90 Euro), und der Genuss ist rund. Wer mehr Hunger hat, der nimmt einen Flammkuchen (9,90 Euro) oder das Hereford Rinderfilet (28,90 Euro). Sonntags wird das Wiener Kalbsschnitzel fünf Euro günstiger angeboten, kleiner ist es dadurch keineswegs. Wer Wichtiges besprechen möchte, ist hier gut aufgehoben, denn die Tische stehen nicht eng beieinander, man kann sich sehr gut unterhalten, ohne das gleich der ganze Laden mithört. Und übrigens: Trotz der großen Weinkarte kommen manche Gäste auch nur für ein frisch gezapftes Bier an der Bar.
Grindelhof 77, Mo–Fr ab 12 Uhr, Sa und So ab 17 Uhr, 040/38076567, www.neumanns-bistro.de
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