Uhlenhorst. Im Fardi isst man am besten nicht von nur einem Teller, sondern probiert aus vielen Schälchen die “Syrische Haute Cuisine“.
Auf der Speisekarte prangt ein Schiff der Phönizier. Dieses Volk des Altertums lebte in Phönizien im Bereich des jetzigen Libanons und Syriens an der Mittelmeerküste. Die Händler und Seefahrer waren unterwegs im gesamten Mittelmeerraum. Von ihren Reisen brachten sie nicht nur Neuigkeiten und Wissenswertes aus der Levante mit, sie kamen auch mit fremden Rezepten, Gewürzen, Obst- und Gemüsesorten zurück. So entstand die „Syrische Haute Cuisine“. Und der fühlt sich das Restaurant Fardi verpflichtet.
Jaber Fardi hat es vor drei Jahren auf der Uhlenhorst eröffnet und ihm seinen Namen gegeben. Ein großer heller und schlicht gehaltener Raum erwartet die Besucher. Kein orientalischer Basarkitsch mit zu vielen Lampen, Wasserpfeifen, Trotteln und Teppichen. Nur ein paar Tongefäße und arabische Kaffeekannen dienen zur Dekoration.
Backsteingemauerte Flächen sorgen an den Wänden für Akzente. Große Fenster geben den Blick auf die Straße frei. Spots und kleine goldene Deckenlampen sorgen für Licht. Die Rotunde an der Decke zieren arabische Schriftzeichen. Ganz am Ende des Raums steht der Tresen, vorne an einer halbhohen Mauer wird der Gast empfangen. Die dunklen Holztische sind eingedeckt mit Gläsern, Besteck und Stoffservietten. Gesessen wird auf Holzstühlen mit roten Lederpolstern. Alles wirkt elegant und stilvoll.
Kein Klimbim
„Ich mag keinen arabischen Klimbim und das Gerede von Tausendundeiner Nacht“, sagt Jaber Fardi. Er kam vor knapp 20 Jahren nach Deutschland. Und der 41-Jährige, dessen Vorname die arabische Bezeichnung für Brot ist, ist ein wahrer Kosmopolit. Geboren in Budapest als Sohn einer ungarischen Mutter und eines syrischen Vaters, zog die Familie in die syrische Hafenstadt Tartus um, als Jaber fünf Jahre alt war. „Dort bin ich zur Schule gegangen und habe Abitur gemacht“, erzählt der Gastronom. Zu Studium der Elektrotechnik ging er zurück nach Budapest, aber fühlte sich dort nicht sehr wohl, weil er immer als Ausländer angesehen wurde. „Dabei sah ich mich doch als Ungar.“ Fardi besuchte zwei Cousins, die in Hamburg studierten, pendelte eine Zeit lang zwischen Elbe und Donau hin und her, bevor er 2003 sein Studium an der Fachhochschule fortsetzen wollte. „Aber dann habe ich Hanna Saliba kennengelernt, den Vater aller Syrer in Hamburg.“ Fardi verlor sein Herz an die Gastronomie. Er betrieb zusammen mit einem Freund die Kantine im Landesinstitut für Lehrerbildung in Eimsbüttel, arbeitete auf dem Feuerschiff im Hafen. „Die Idee der Selbstständigkeit wuchs“, so der ungarische Syrer. „Ich bin gerne Gastgeber und möchte, dass die Menschen bei uns einen schönen Abend haben. Viele möchten sich belohnen oder sich etwas gönnen, wenn sie zu uns kommen.“
Zeit genießen
Der Gast solle den Alltag abstreifen und die Zeit genießen. 80 Plätze hat das Restaurant, die Tische stehen weit genug auseinander für vertrauliche Gespräche. Draußen gibt es noch mal 30 Stühle, umrahmt von Weinstöcken, Oliven- und Aprikosenbäumen. Zwölf Mitarbeiter sind tätig in Küche und Service.
Einer von ihnen ist Nasszer Fardi, Jabers drei Jahre jüngerer Bruder. „Ich mache alles, was anfällt“, sagt der gelernte Zahntechniker, der in Deutschland seine Ausbildung absolviert hat und dessen Vorname Sieger oder Helfer bedeutet. Und er kümmert sich am liebsten um die Weinempfehlungen. So bietet das Restaurant den syrischen Wein Bargylus an, der am Rand der gleichnamigen Bergkette in Latakia am Mittelmeer wächst und trotz Krieg noch nach Deutschland gelangt. Mehr als 50 Positionen listet die Weinkarte, die meisten aus dem Libanon. Die günstigste Flasche kostet 24 Euro, 0,2 Liter gibt es offen ab 6,50 Euro.
Der Platz auf dem Tisch reicht allerdings kaum aus, wenn die weißen Schälchen mit Mazza, den syrischen Vorspeisen, serviert werden: der Auberginen-Dip Baba Ghanoush, der Petersiliensalat Taboulé, Quark mit Minze, Möhren mit Rosenwasser und Kardamom, Oliven, Linsensalat, Mangold oder Spinat mit Granatapfelkernen, Schafskäse-Bällchen, Falafel, Lammwürstchen, Rote Bete, gerösteter Blumenkohl, Kohlrabi mit Koriander, Hummus aus Kichererbsen, die Sesampaste Tajin – verführerische Vielfalt und alle Speisen sehr schmackhaft. „In der syrischen Küche wird mild gewürzt“, sagt Jaber Fardi. „Der Eigengeschmack der Zutaten soll nicht überdeckt werden.“
Saftiges Fleisch
Das gilt auch für die Spezialität des Hauses: Lammfilet auf Schafskäse-Sauce. Das Fleisch ist zart und saftig, die pikante Sauce passt dazu. Wie auch das Grillgemüse und der Reis, der mit Nüssen und Rosinen aufgepeppt wird.
Die Karte ist übersichtlich und wechselt nicht oft. Wer die feine Levante-Küche kennenlernen möchte, sollte ohnehin das Menü bestellen und sich auf die kulinarische Reise am Tisch einlassen. „Die meisten Gäste machen das“, sagt der Chef. Und weil vor zwei Jahren die dänische Wochenzeitung „Weekendavisen“ sehr ausführlich über das Fardi berichtet hat, kommen zahlreiche Besucher aus dem nördlichen Nachbarland, aber natürlich auch viele Hamburger.
Seine Zutaten bekommt Fardi überwiegend aus Hamburg. „Die Mazza werden jeden Tag in der Küche frisch gemacht, wie auch die Lammwürstchen.“ Das spezielle Gewürz dafür kommt allerdings aus Syrien. „Jeder aus der Familie, der hinfährt oder zu Besuch kommt, muss ein Kilo mitbringen.“
Jaber Fardi isst gern Taboulé und Hummus, Labskaus und Gulasch, das auf Ungarisch „Pörkölt“ heißt. Er hat einen ungarischen und einen syrischen Pass. Seit in dem Land am Mittelmeer Krieg ist, war er nicht mehr dort, um Eltern oder Schwestern zu besuchen. „Meine Heimat sind jetzt Hamburg und mein Restaurant.“ Und irgendwie passen die Elbe, der Hafen, das Tor zur Welt ja auch zu den Phöniziern aus der Antike ...
Fardi Hofweg 72