Hoheluft-Ost. Im “Piment“ am Lehmweg serviert Sternekoch Wahabi Nouri französische Gerichte mit Gewürzen seines Heimatlandes Marokko.

Stuckdecken und stilvoll eingedeckte Tische sind in den großen Altbauwohnungen in Eppendorf nichts Besonderes. In einem Lokal am Lehmweg trifft diese bürgerliche Gediegenheit überdies auf klassische französische Küche mit starkem marokkanischen Einfluss. Willkommen im Restaurant Piment.

Die mit Wischtechnik bearbeiteten Wände sind graubraun, auf den kleinen weiß eingedeckten Tischen stehen Vasen einer Hamburger Künstlerin. Die Lampen wurden in Frankreich mundgeblasen, das Besteck heißt „Ostfriesen“ und kommt von Robbe und Berking. Auf den japanischen Glastellern scheint das Essen zu schweben. Orientalischen Kitsch und Wasserpfeifen sucht man hier vergebens.

Platz ist für 26 Gäste, gesessen wird auf Lederstühlen und -bänken entlang der Wand. In der Mitte des elegant-gemütlichen Raumes steht eine Säule, große Fenster geben den Blick auf die Straße frei. Ganz früher war hier ein Feinkostgeschäft.

Seit 17 Jahren kocht Wahabi Nouri in seinem Betrieb, und genauso lange spielt er auch in der ersten Hamburger Herd-Liga. Zusammen mit einem anderen Koch, einem Lehrling, einem Küchenhelfer und zwei Servicekräften versorgt der beständig mit einem Michelin-Stern Ausgezeichnete seine Gäste. „Meine Küche ist modern mit orientalischer Note und marokkanischen Spuren“, sagt der 47-Jährige.

Couscous mit sieben Gemüsen

Nouri wurde in Casablanca geboren, kam aber schon im Alter von drei Jahren nach Deutschland und wuchs in Raunheim nahe dem Frankfurter Flughafen auf. „Ich kann auch Hessisch babbeln, esse gerne Frankfurter Grüne Soße und trinke Ebbelwoi.“

Koch wurde er, weil er seinem Bruder Ahmed nacheifern wollte. „Der erzählte immer so tolle Dinge von diesem Beruf und arbeitet heute als Privatkoch in Kronberg im Taunus.“ Besonders beeindruckte der Große den drei Jahre Jüngeren mit folgendem Gericht: Fasanenbrust mit Pfeffer-Rahm-Sauce und Kartoffel-Sesam-Plätzchen. „Das wollte ich auch können“, sagt der Wahl-Hamburger. Er verfeinert das Fleisch allerdings mit der Würzmischung Ras el-Hanout (Chef des Ladens), Rosinen sowie Zwiebeln und hüllt es in selbst gemachten Strudelteig. Aber auch Mutter und Großmutter waren Vorbilder am Herd. „Deren Zitronenhähnchen ist noch heute mein Leibgericht.“

Die Ausbildung absolvierte Nouri im Restaurant des Weinguts Nack in Gau-Bischofsheim südlich von Mainz. Die Wanderjahre führten ihn ins Frankfurter Café Schirn und Bad Homburger Golfhaus, zu den besternten Kollegen Roy Petermann, Eckart Witzigmann und Harald Wohlfahrt sowie als Küchenchef zum Premium-Caterer Kofler, bis er sich den Traum eines eigenen Restaurants erfüllte. „Wahabi Nouri trifft beim Kochen so sicher den richtigen Ton, dass man nur staunt“, schrieb der Feinschmecker-Führer Gault Millau über den marokkanischen Hessen in Hamburg und kürte ihn 2010 zum „Aufsteiger des Jahres“. Und Hamburgs Drei-Sterne-Koch Kevin Fehling spricht immer noch voller Bewunderung von seiner einjährigen Dienstzeit im Piment.

Paprikaschoten, eingelegt

Einen großen Fan und eine verlässliche Stütze hat der Vater des 15 Jahre alten Hamzah in der Kindsmutter, seiner Frau Souâd Amrani. „Ich liebe seine Küche“, sagt die 50-Jährige, die im marokkanischen Rabat geboren wurde, in Spanien studierte, sechs Sprachen spricht und ihren Mann beim Kaffeetrinken in Hamburg kennenlernte. Ihrem Vater verdankt das Restaurant übrigens seinen Namen. „Ich habe in Marokko bei meinem Schwiegervater um die Hand von Souâd angehalten“, erzählt Nouri. „Zum Abschied hat er mir ein paar Gläser mit Leckereien mitgegeben. In Hamburg haben wir probiert, am besten schmeckten die eingelegten Paprikaschoten. Und auf dem Glas stand das französische Wort ,Piment‘. Das war die Entscheidung.“

Was ist das Besondere an den Speisen, die in einer für Restaurantverhältnisse winzigen Küche zubereitet werden? „Sehr gute Produkte, die anders gewürzt werden.“ So bereitet Nouri Geflügel zum Beispiel mit Salzzitrone, Safran, Ingwer und Korianderwurzel zu, gönnt dem Fleisch vorher ein Essig-Salz-Peeling. Das i-Tüpfelchen ist oft ein Klacks Smen. Diese marokkanische Butter schmeckt wie pikanter Gorgonzola. Sie wird mit Zucker vermischt und über Jahre an einem kühlen Ort im Tontopf gelagert.

Mandarine und Eichel

Eine Spezialität des Lokals ist Couscous mit sieben Gemüsen. Die kleinen zarten Körner kommen als Kuppel auf den Teller, begleitet von Mairübe, Karotte, Saubohne, Paprika, Kürbis, Spitzkohl sowie heller Zucchini und umrahmt von einer fein abgeschmeckten, würzigen Safran-Glace (reduzierter Fond). Oder das zarte Wildtatar, fein geschnitten und begleitet von Mandarine und Eichel.

Die Karte wechselt nach Saison und Angebot, Fisch und Gemüse kommen von Hamburger Händlern, Wild von einem Jäger aus Schleswig-Holstein, Geflügel meist aus Frankreich. Alle Speisen aus dem Sieben-Gänge-Menü können auch einzeln bestellt werden. Die Weinkarte verzeichnet rund 50 Positionen, eine Flasche gibt es ab 35 Euro, 0,15 Liter offen im Glas ab sechs Euro.

Wahabi Nouri gilt als bester marokkanischer Küchenchef Deutschlands. Seine Gäste sind international, belegen bei dem Meister am Herd auch gern einen individuellen Kochkursus. Was möchte der 47-Jährige noch erreichen? „Ein zweiter Stern wäre schon schön“, sagt er direkt. Abwarten. Die nächste Ausgabe des Michelin erscheint Ende des Jahres.

Piment Lehmweg 29

www.restaurant-piment.de