Hamburg. Hirsch, Reh und Hase dürfen zu Weihnachten und zum Jahreswechsel natürlich nicht auf dem Speiseplan fehlen
Herbst und Winter sind Wildzeit. Im Advent, zu Weihnachten und zum Jahreswechsel werden festliche Essen ausgerichtet. Und da dürfen Hirsch, Reh oder Wildschwein, Hase, Rebhuhn oder Fasan nicht auf dem Speiseplan fehlen. Und Wild tut auch gut: Das Fleisch hat weniger Fett als mageres Schweine- oder Rindfleisch, dafür aber viel Eiweiß, Mineralstoffe, Spurenelemente und ungesättigte Fettsäuren.
100 Gramm Reh, Hirsch oder Wildschwein haben weniger als 130 Kilokalorien. Aus gesundheitlichen Gründen sollte das Fleisch aber immer durchgegart serviert werden. Rehfleisch hat eine hellrotbraune Farbe und ein typisches, angenehmes Wildaroma. Das feinste Stück ist der Rücken, gefolgt von der Keule. Lange geschmortes Rehgulasch ist besonders zart, ebenso wie kurz gebratene Medaillons.
Hirsche liefern aromatisches Fleisch
Hirsche liefern aromatisches Fleisch, etwas dunkler als beim Reh, mit typischem Wildgeschmack und angenehmer Struktur. Steaks oder Medaillons werden kurz gebraten, die Keule oder Gulasch eignen sich zum Schmoren. Das Fleisch vom Wildschwein ist noch etwas aromatischer, dunkelrot und sehr saftig. Es kann wie Hausschwein zubereitet werden: Koteletts, Schnitzel oder Steaks werden gegrillt oder gebraten, größere Stücke oder Gulasch geschmort.
Anna Gerken-Stamm kennt sich aus mit den Tieren im Wald. „Ich komme von einem Bauernhof aus der Eifel und habe mit 20 Jahren meinen Jagdschein gemacht“, sagt die 55-Jährige. Seit mehr als zwei Jahrzehnten lebt die Finanzbuchhalterin in Hamburg und pflegt ihr Hobby in einem Revier im Umland. Ihr Motto: „Manchmal hat die Jägerin Glück und manchmal das Tier.“
Damit der Wildgenuss jedermann zur Verfügung steht, wird heute vielfach Wildfleisch importiert, das aus der Gatterzucht stammt, Kraftfutter erhalten hat und tiefgefroren auf die Reise geht. „Gatterwild hat weniger Bewegung, weil es sich im Wald sein Futter nicht selbst suchen muss. Das wirkt sich auch auf den Geschmack aus“, sagt Gerken-Stamm.
Das natürlichste Fleisch auf Erden
Deswegen wird es von ehrenwerten Jägern und Jägerinnen nicht als Wildbret, sondern als Wildfleisch bezeichnet. Wildbret ist nach Auskunft der Expertin das natürlichste Fleisch auf Erden, weil sich das Wild nur in der Natur bedient. Es ist frei von Antibiotika und Hormonen, arm an Fetten und Cholesterin, dafür umso reicher an Phosphor, Eisen, Kalium, Magnesium, Omega-3-Fettsäuren, den Vitaminen B1 und B2.
Pilze, Nüsse, Eicheln und Früchte aromatisieren als natürliches Kraftfutter das Fleisch der Tiere. „Wenn wir uns so ernähren würden wie das Wild, das fünfmal am Tag selektiv nur die feinsten Knospen und Blüten frisst, würden wir 100 Jahre alt“, sagt Anna Gerken-Stamm. Unter dem Label „Wild in Hamburg“ verkauft sie frisches Wildfleisch in Osdorf, Osdorfer Landstraße 218, in Winterhude, Alsterdorfer Straße 81, sowie in Eimsbüttel, Heußweg 51. Auskünfte unter www.wildinhamburg.de oder Telefon 0151/ 24 05 27 25.
Fleisch aus Hamburger Forsten gibt es vom 5. Dezember an im Eingangsbereich vom Wildgehege Klövensteen, Sandmoorweg 150. Wegen Corona ist eine Anmeldung unbedingt erforderlich und ab dem 30. November, sieben Uhr, unter www.hamburg.de/wald/14545538/aktuelles-aus-den-bezirken/ möglich, Rückfragen unter Telefon 693 201.
Kirill Kinfelt liebt Schmorgerichte
Auch gut sortierte Schlachtereien führen Wildspezialitäten oder besorgen sie auf Bestellung. Eine Hirschkeule bereitet Anna Gerken-Stamm klassisch zu. Das Fleisch (mindestens ein Kilo) waschen und trocken tupfen. Mit Pfeffer, Salz und Muskat würzen, im gefettetem Bräter anbraten und mit etwas Rotwein (insgesamt einen halben Liter) ablöschen. In den auf 180 Grad vorgeheizten Backofen schieben und immer wieder mit Wein begießen. Nach einer Stunde 150 Gramm Sellerie, 150 Gramm Karotten, 100 Gramm Zwiebeln und 50 Gramm Lauch in kleinen Stücken, drei Lorbeerblätter und einige Wacholderbeerenzugeben. Noch eine Stunde im Ofen schmoren lassen. Sauce durch ein Sieb streichen, binden und mit Sahne sowie Preiselbeeren verfeinern.
Kirill Kinfelt liebt Schmorgerichte. Und so hat der Betreiber vom Restaurant Trüffelschwein in Winterhude und vom Kinfelts Kitchen and Wine in der HafenCity in normalen Zeiten auch ein feines Rehragout auf der Karte. „Es ist das nachhaltigste Fleisch und hat auch ohne Siegel Bio-Qualität“, so der Küchenchef. Für sein Rezept für vier Personen werden vier in Scheiben geschnittene Zwiebeln, zwei in Scheiben geschnittene Karotten und eine viertel Knolle Sellerie in groben Würfeln scharf angebraten.
Zwei Lorbeerblätter, eine Knoblauchzehe, fünf ganze Pimentkörner und fünf Wacholderbeeren sowie zwei grob gewürfelte Tomaten hinzugeben und ebenfalls anschwitzen. Mit 0,25 Liter Portwein und 0,375 Liter Rotwein ablöschen und auf die Hälfte einkochen lassen. Mit einem Liter Geflügel- oder Rinderfond auffüllen und kräftig würzen. Die Rehkeule (ein Kilo mit Knochen) scharf von allen Seiten anbraten, in einen Schmortopf legen und mit dem Gemüsesud übergießen. Den Ofen auf 140 Grad vorheizen und den Topf mit halb offenem Deckel für 1,5 Stunden in den Ofen schieben. Dann den Deckel abnehmen, Keule wenden und für weitere 45 bis 60 Minuten schmoren. Den Knochen aus der Keule herausziehen, das Fleisch in daumengroße Würfel schneiden. Den Schmorfond durch ein Sieb drücken, die Sauce abschmecken und damit die Rehkeulen-Stücke bedecken. Dazu kommen Spätzle und Preiselbeeren auf den Tisch.
Respektvoller Umgang mit Lebensmitteln
Marianus von Hörsten hält Wild immer noch für das „ehrlichste“ Fleisch, da sich die Tiere wild ernähren könnten und die Fleischqualität deshalb sehr pur und klar sei. Der Küchenchef aus seinem Restaurant Klinker in Hoheluft stammt von einem Demeter-Hof bei Buchholz und weiß, wie man respektvoll mit Lebensmitteln umgeht, damit die Zutaten zu einem wohlschmeckenden Gericht werden. Wild sei auf jeden Fall besser, so der 28-Jährige, als ein „Rind, das mit Soja und Mais zur Schlachtreife getrimmt wird“.
In sein erstes Kochbuch „Meine Hofküche“ hat der Gewinner des „Next Chef Awards“ 2018 und Gewinner des „Global Young Chefs Challenge“-Weltfinales 2017 in Lyon ein Rezept für Wildschwein mit asiatischer Note (für vier Personen) aufgenommen. Dafür 800 Gramm Wildschweinnacken trocken tupfen und salzen. Den Backofen auf 80 Grad Umluft vorheizen. Das Fleisch in etwas Öl in einer großen ofenfesten Pfanne scharf von allen Seiten anbraten. Dann die Pfanne in den Ofen (Mitte) schieben und den Schweinenacken etwa sechs Stunden garen. So wird das Fleisch butterzart.
Den Nacken aus dem Ofen nehmen, abkühlen lassen und in Scheiben schneiden. Diese auf beiden Seiten in etwas Öl scharf anbraten und auf Küchenpapier entfetten. Für den Lack vier Knoblauchzehen und eine Zwiebel schälen, fein würfeln. Zehn Stängel Zitronengras waschen, die oberen dünnen Hälften und die Wurzelansätze entfernen, den Rest fein hacken. 100 Gramm Palmzucker in einem Topf bei kleiner Hitze schmelzen. Knoblauch und Zwiebel dazugeben, unter Rühren karamellisieren. Mit je 50 ml Fischsauce, Weißwein, weißem Balsam-Essig sowie Wasser ablöschen und in 20 bis 25 Minuten sirupartig einkochen. Zitronengras und 20 Gramm rote Currypaste unterrühren. Lack abkühlen lassen.
Vor dem Servieren die Fleisch-Scheiben mit Lack bepinseln und auf Teller verteilen. Dazu passen Essiggemüse oder Salat. Guten Appetit!