Hamburg. Hamburgs Starköche leiden unter der Coronakrise. Sie reagieren mit Hilfsangeboten, mit Renovierungen und mit neuen Ideen.

Die gastronomische Vielfalt in Hamburg kennt keine Grenzen. Die Hanseaten gehen leidenschaftlich gern essen und lieben die große Auswahl an Restaurants. Doch die Lokale mussten wegen Corona schließen, nur noch Außerhausverkauf und Lieferdienste sind erlaubt. Was machen die Spitzenköche und Gastronomen mit ihrer freien Zeit, und wie sieht ihr Alltag jetzt aus? Das Abendblatt hat nachgehakt.

Das Beste macht Karlheinz Hauser, Inhaber vom Gastro­tempel Süllberg in Blankenese, aus dieser schwierigen Situation. „Ich habe jetzt mehr Zeit für die Familie. Abends kochen wir zu Hause mit den drei Kindern und machen Gesellschaftsspiele wie ,Uno‘ oder ,Mensch ärgere Dich nicht‘. Das macht wirklich Spaß.“ Aber gearbeitet wird auch. „Mittags gehe ich dann auf den Süllberg. Wir nutzen die Zeit für einen Hausputz und machen die Terrassen fit für den Sommer. Ich hoffe, dass wir dann wieder unsere Gäste bewirten können.“ Doch das ist nicht alles: „Auch in meinen eigenen vier Wänden mache ich jetzt ein paar handwerkliche Arbeiten, zu denen ich sonst nicht gekommen bin. Bei uns kommt keine Langeweile auf.“

Das ist auch bei Drei-Sterne-Koch Kevin Fehling so, der das The Table in der HafenCity führt. „Eigentlich sitzen wir derzeit den ganzen Tag am Telefon und Computer und versuchen, uns durch diese Krise zu navigieren. Dazu gehört jetzt auch die Subventionierung der Branche, auf die ich sehr hoffe. Meine oberste Aufgabe ist es jetzt, meine Mitarbeiter zu schützen.“ Auch ein neues Projekt des Spitzenkochs in der HafenCity kann nicht an den Start gehen. „Parallel dazu läuft die Planung für die neue Bar, die eigentlich in diesen Tagen eröffnen sollte. Nun ist dieser wunderbare Raum fertig, und wir können nicht einmal mehr ein Wasser verkaufen. Die Eröffnung haben wir auf unbestimmte Zeit verschieben müssen.“ Zwischendurch versuche er, sich mit Gartenarbeit oder der Reparatur von Fahrrädern abzulenken. „Die Hecke ist schon schön geschnitten, der Rasen gemäht. Außerdem habe ich mein Sportprogramm intensiviert, jogge jeden Tag und fahre Rad.“ Der Profi steht auch weiterhin am Herd. „Natürlich koche ich jeden Tag, habe zum Beispiel eine türkische Pizza ausprobiert. Ist gar nicht so einfach.“

Stillstand herrscht auch bei Dirk Kowalke, Chef vom Fischereihafen Restaurant an der Großen Elbstraße, nicht: „Wir nutzen die Zeit, um unser Restaurant schickzumachen, und bieten weiterhin Fischspezialitäten zum Abholen an. Das wird gut nachgefragt, kann aber unsere Einbußen, die wir zurzeit haben, nicht kompensieren. Es ist ein komisches Gefühl, durch das leere Restaurant zu gehen. Ich freue mich so auf den Moment, wenn in diesen Räumen wieder gegessen, getrunken und gelacht wird.“

Cornelia Poletto hat neben dem Restaurant auch ihre Kochschule schließen müssen. Ihr Vermieter hilft ihr.
Cornelia Poletto hat neben dem Restaurant auch ihre Kochschule schließen müssen. Ihr Vermieter hilft ihr. © Andreas Laible | Andreas Laible

Auch für Cornelia Poletto, die das gleichnamige Restaurant an der Eppendorfer Landstraße in Eppendorf führt, hat die Coronakrise massive Auswirkungen: „Ich habe mein Restaurant und meine Kochschule geschlossen. Da mein Feinkostladen noch geöffnet ist und wir auch die Poletto-Küche außer Haus verkaufen, bin ich nicht zu Hause, sondern jeden Tag im Laden. Aber es ist eine sehr schwierige Lage. Die Umsätze brechen dramatisch ein, gleichzeitig habe ich hohe laufende Kosten.“ Aber Poletto macht auch positive Erfahrungen in dieser schwierigen Zeit. „Der Vermieter meiner Kochschule hat mir proaktiv die Miete für den April erlassen und die Miete ab Mai um die Hälfte gekürzt. Mit den Worten, dass es eine Bürgerpflicht sei, in der Coronakrise von der Ich-AG zur Wir-Gesellschaft zu wechseln. Das hat mich sehr gerührt.“

Christian Rach will in der Krise Gastronomen bundesweit helfen – mit einem Computerprogramm.
Christian Rach will in der Krise Gastronomen bundesweit helfen – mit einem Computerprogramm. © Andreas Laible

Kultkoch Christian Rach, der auch der Juror in der Fernsehsendung „Grill den Henssler“ ist, ist gut beschäftigt: „Ich sitze in meinem Büro, bin gesund. Alle Dreharbeiten habe ich hinter mich gebracht und halte mich nun sehr an die Quarantäne. Das heißt, ich bin in meinem Büro allein. Gerade versuche ich, mit der Firma Orderbird ein Programm zu entwickeln, mit dessen Anwendung Gastronomen deutschlandweit echte Hilfe und Information bekommen sollen.“ Sein ehrgeiziges Ziel: „In dem ganzen Antrags- und Behördendschungel soll das den Betroffe-nen eine Richtlinie geben, damit sie die für sie passende Hilfe finden. Nicht jeder findet sich da schließlich so einfach zurecht.“

Matthias Gförer hat sein Restaurant leer geräumt und greift nun zur Verschönerung zum Malerpinsel.
Matthias Gförer hat sein Restaurant leer geräumt und greift nun zur Verschönerung zum Malerpinsel. © Andreas Laible

Freizeit hat Matthias Gfrörer, der gemeinsam mit seiner Frau Rebecca die Gutsküche in Tangstedt führt, trotz seines geschlossenen Restaurants nicht. Der Spitzenkoch ist voller Tatendrang. „Im Moment habe ich noch viel zu tun. Erst einmal musste ich alle Lebensmittel sichern. Einkochen, räuchern und vieles mehr. Dann haben wir das Restaurant leer geräumt und nun mit einer Renovierung begonnen. Der Maler ist da, und zusammen mit ihm streiche ich jetzt die Räume erst einmal. Natürlich mache ich all das irgendwie auch, um diese Zeit sinnvoll zu nutzen.“

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Sternekoch Heinz O. Wehmann, der das Traditionsrestaurant Landhaus Scherrer an der Elbchaussee führt, steht unter Strom. „Ich habe momentan alle Hände voll zu tun, um gemeinsam mit meinem 30-köpfigen Team diese Krise zu meistern. Wir bauen unseren Außerhausservice weiter aus, das wird auch gut angenommen. Es ist in dieser schwierigen Zeit wirklich ein Lichtblick, dass wir so viele treue Gäste haben, die uns weiterhin unterstützen.“ Im Herbst begeht Wehmann das 40-jährige Bestehen im Landhaus Scherrer und hofft, „dass die Krise dann ausgestanden ist“.

Informationen zum Coronavirus:

Auch an der Ostsee herrscht Stillstand, alle Restaurants mussten schließen. Aber Lutz Niemann, Küchenchef im Sternerestaurant Orangerie im Maritim Seehotel Timmendorfer Strand, hat viel zu tun. „Ich arbeite schon an der Speisekarte für den Sommer, wenn wir hoffentlich wieder öffnen dürfen. Da ich auch als Küchendirektor für alle Maritim Hotels in Deutschland zuständig bin, fällt da genügend Arbeit an.“ Zu Hause ist Niemann auch gut beschäftigt. „Das Gartenhaus wurde aufgeräumt und die Vogelnistkästen angebracht. Meine Frau und ich kochen. Da gibt es aber keine Sterneküche, sondern Gerichte wie Bratkartoffeln mit eingelegtem Hering.“

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