Genussexperte Gerd Rindchen probiert diesmal eklektisches Essen aus und kann ein intensives Gericht aus dem Neni empfehlen.

Vor einigen Jahren erhob sich ein stetes Summen und Raunen in Hamburg ob einer Restauranteröffnung in der HafenCity. Euphorisierte Menschen berichteten, wie toll und locker der Laden sei und mit wie viel Liebe und Authentizität dort alles auf den Tisch käme, kurzum: Was für ein herzerwärmendes Gemeinschaftserlebnis das Tafeln dort sei. Die Rede war vom Neni, dem israelischen Restaurant im Hotel 25hours/Altes Hafenamt. Laut Website kommt hier „die eklektische, ostmediterrane Küche der Familie Molcho auf den Tisch“ – und sie fährt fort: „Hier ist man zu Gast bei Freunden“.

Da wir noch nie eklektisch essen waren, begaben wir uns voll Neugier auf den Weg. Vorweggenommen: Das Essen ist solide und ordentlich und bis ins Detail durchperfektioniert. Firmengründerin Haya Molcho hat mit ihren vier namensgebenden Söhnen Nuriel, Elior, Nadiv und Ilan vom Wiener Naschmarkt aus ein respektables kulinarisches Imperium mit Filialen in Hamburg, Berlin, München und Zürich aufgebaut und beliefert mit ihrer Mezze-Vielfalt nicht nur die Restaurants, sondern unter anderem auch ausgewählte Rewe-Märkte. Am beliebtesten hier ist das Menü „Best of Neni“ (41 Euro pro Person), das vom sehr freundlichen und zugewandten Serviceteam tischweise zum Teilen serviert wird.

Dabei kommt im ersten Schritt zum klassischen Pitabrot eine schmucke Etagère auf den Tisch, auf der sich vegetarische Vorspeisen befinden: Dabei ein ausgesprochen leckerer gerösteter Blumenkohl, Babaganoush, eine geröstete orientalische Auberginencreme, die hier sehr mild und verhalten ausfällt, und Curry-Mango-Hummus. Was allerdings die Betreiber veranlasst, ein seit Jahrtausenden bewährtes klassisch-nussiges Rezept für Kichererbsenmousse mit Mangoaroma zu behelligen, wird wohl auf ewig ihr süßes Geheimnis bleiben.

Wilde Mezze und intensiver Fried Chicken Salad im Neni

Auf die milden Mezze folgten dann verschiedene Hauptgerichte wie ein gelungenes Hamshuka, gut gewürztes Lamm- und Rinderhackfleisch mit Tahin und Pilz-Shawarma, das sind Kräuterseitlinge mit Miso-Harissa-Glasur. Highlight war aber der Korean Fried Chicken Salad mit knusprigen, perfekt intensiv gebeizten Hühnerstücken, knackigem Asia-Salat mit sehr spannendem Dressing, Koriander, Erdnüssen und einer Aioli. Für dieses Gericht (als Single-Hauptgang 18 Euro) lohnt sich definitiv die Einkehr. Mit recht süßen, aber gut gemachten Desserts klang dann die quantitativ recht üppige Speisenfolge aus. Die Weinkarte ist klein, aber ordentlich sortiert und hält ein paar Überraschungen bereit – so den intensiv-vibrierenden Kult-Orangewein „Theodora“ von Gut Oggau (69 Euro). Empfehlenswert: Der Hauswein Grüner Veltliner NENI vom jungen Bio-Shootingstar Christian Mrozowski aus dem Weinviertel strotzt vor Leben und ist im Gegensatz zum Sancerre (stolze 77 Euro) einigermaßen fair kalkuliert (Flasche 35 Euro).

Fazit: Die perfekt gestaltete, emotional aufgemachte Website und die Speisekarte kaschieren es ein wenig – aber am Ende des Tages is(s)t man hier schon in der klassischen Systemgastronomie mit entsprechend angepassten Gerichten. Von daher würde ich die Frage „Bist du viel im Neni?“ zwar nicht mit einem harschen „Nee, nie“, aber schon mit einem etwas ambivalenten „nicht so oft“ beantworten.