rz/stü Hamburg - Er ist auch mit 80 noch ein Sympathieträger. Ein Grandseigneur des deutschen Mittelstandes, sympatisch, natürlich und doch so sehr Kaufmann, dass er keine Gelegenheit auslässt, für seine Marke zu werben. Valensina, seit mehr als 35 Jahren auf dem Markt und inzwischen der Begriff für Orangensaft, hat er vor allem durch sein Auftreten als Onkel Dittmeyer bekannt gemacht. Nun aber muss sich Rolf H. Dittmeyer von einem Stück seines Lebens trennen. Am Dienstagvormittag stellte die Geschäftsführung der Rolf H. Dittmeyer KG beim Bremer Amtsgericht Insolvenzantrag. "Es ist furchtbar, vor allem weil davon 50 Beschäftigte betroffen sind", sagte Dittmeyer gestern dem Abendblatt. "Ich hoffe aber immer noch, dass diese Marke mit ihrem tollen Ruf irgendwie überleben kann und dass sie in gute Hände kommt."

Für den Selfmade-Unternehmer jedoch, der in den 50er-Jahren noch das Fruchtkontor der Edeka-Handelsgenossenschaft mit aufbaute, wird es keinen dritten Beginn mehr mit Orangensaft geben. "Es muss jetzt zu Ende sein. Ich habe mich zuletzt nicht mehr so stark um die Firma kümmern können", räumt Dittmeyer ein.

Erst Ende 1998 hatte der Unternehmer das 1984 nach einem Hörsturz an den US-Konzern Procter & Gamble verkaufte Unternehmen wieder erworben. "Die sind damit 14 Jahre lang nicht zurechtgekommen, haben immer Verluste geschrieben", sagt er. Mit 77 Jahren stattet er die Rolf Dittmeyer KG mit zwölf Millionen Mark Eigenkapital aus, nimmt eine Hypothek auf eine seiner Plantagen in Spanien auf und holt zudem seinen alten Vertriebschef Friedrich-Wilhelm Grabow zurück.

Der konnte gestern die Forderungen der Bremer Landesbank und der Hamburgischen Landesbank, die Kredittranchen zurückzuzahlen nicht nachkommen. "Das Geld", so Grabow zum Abendblatt, "habe ich nicht." Wegen Zahlungsunfähigkeit musste er am Vormittag einen Insolvenzantrag stellen.

Noch am Dienstagabend, gegen 18 Uhr, traf sich Grabow dann mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Edgar Grönda von der Bremer Kanzlei Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Ziel: nach einem ersten Sichten der Akten möglichst doch noch einen Investor für das Saftgeschäft zu finden und damit möglichst viele der Arbeitsplätze zu retten.

Dittmeyer spart unterdessen nicht mit Kritik an seinen Geldgebern, denen er schlichtweg "Ungeduld" vorwirft. "Natürlich haben wir rote Zahlen geschrieben. Das ist aber in der Anfangsphase einer Firma nicht ungewöhnlich. Die Zeit für den Neuanfang war einfach zu kurz."

Die beiden Banken wollen dieses Argument jedoch nicht gelten lassen. Man habe im Gegenteil viel zu lange stillgehalten, heißt es dazu aus Bankenkreisen. Gemeinsam mit Dittmeyer habe man Investoren gesucht, die einsteigen oder das Unternehmen gleich ganz übernehmen sollten, erfuhr das Abendblatt. Bei einem erfolgreichen Vertragsabschluss seien die Kreditinstitute sogar zu Zugeständnissen wie etwa dem Verzicht auf hohe Forderungen bereit gewesen. Doch bisher konnte keine Einigung erzielt werden. Die Marke Valensina zählen Branchenkenner zwar zu den Top-Marken der Säfte in Deutschland. Doch gerade zwischen Flensburg und Garmisch, wo 95 Prozent des Saftes getrunken werden, gelten Fruchtsaftgetränke vor allem als Massenprodukt. Marktbeobachter gehen allerdings davon aus, dass selbst Marktführer Eckes mit der Marke Hohes C kaum Geld verdient.

Nach dem Neubeginn 1998 versuchte Dittmeyer die Qualität von Valensina deutlich zu verbessern und verband seine Offensive mit "erheblichen Preiserhöhungen". Das aber kostete vor allem Umsatz, da er auch mit einem noch relativ unerfahrenen Vertriebsteam agierte. "Bis man die Valensina-Sprache spricht, braucht es schon ein Jahr." Davon ist der Herr der Orangen überzeugt.

Nach dem Blick ins Regal der Lebensmittelmärkte greifen die Deutschen derzeit aber vor allem zu günstigen Eigenmarken der Discounter. Zuletzt hatte das Unternehmen nur noch einen Anteil von 1,5 Prozent am deutschen Fruchtsaftmarkt. Und Procter & Gamble hält mit Werbung für die Marke Punica dagegen. Auch sie stammt von Dittmeyer, wurde aber 1998 nicht wieder an den im Hamburger Elbvorort Rissen wohnenden Selfmade-Unternehmer verkauft.

Dittmeyers fünf Apfelsinen-Plantagen in Andalusien, zu denen auch die größte Europas bei Huelva gehört, sind von dem Verfahren um die Rolf H. Dittmeyer KG nicht betroffen. Von dort verkauft der Hamburger, der sich mit seiner neuen Firma eigentlich lieber an der Elbe angesiedelt hätte, Früchte direkt. Vor allem nach Frankreich, aber auch nach Spanien und Norditalien. "Dorthin eben, wo man für frische Früchte auch bereit ist, einen entsprechenden Preis zu zahlen."

In Spanien hat der in Laage bei Rostock geborene ehemalige Luftwaffenflieger, Student der Anglistik und Alleinlieferant der Olympischen Spiele von 1972 bis 1984 für den Auf bau der Plantagen gar einen Orden erhalten. Er gilt als "Erlauchter Herr". Aber auf Förmlichkeiten hat der Kaufmann eigentlich nie Wert gelegt.

"Die Zeit für einen Neuanfang war einfach zu kurz. Ich hoffe, die Marke kommt in gute Hände." Rolf H. Dittmeyer