Groß ist er und kräftig. Seine Haare sind vorn schon etwas schütter, hinten hat er sie zum Pfedeschwanz gebunden. Er trägt einen gelben Pullover und eine schwarze Hose. Und er ist ein Mann, der drei Frauen ermordet hat. Ein Besuch bei Thomas Holst, dem Heidemörder, in der forensischen Psychiatrie im Klinikum Nord Ochsenzoll.

Die Journalistin Chris Linke kennt den Mann, der ihr gegenübersitzt, aus Schulzeiten. Sie haben zusammen für die Jugendseite eines Anzeigenblattes gearbeitet. Für das Abendblatt berichtet sie fast 20 Jahre später von dem Treffen hinter den hohen Mauern im Haus 18.

"Damals war Thomas schlanker", sagt Chris Linke. Seine Nasenspitze mache noch immer ihren charakteristischen Bogen nach rechts. "So sah Thomas auch vor 18 Jahren aus, als er noch kein Mörder war." Sein Leben findet seit Jahren hinter Mauern statt. Sein spektakulärer Ausbruch aus Ochsenzoll machte vor sechseinhalb Jahren Schlagzeilen. Nachdem die Polizei seine Fluchthelferin und jetzige Ehefrau festnahm, stellte er sich den Behörden.

"Früher war er der ,Nette' unter uns, der Wohlerzogene", erinnert sich Chris Linke. "Zum Fototermin für die Zeitung erschien er im Oberhemd und mit frisch gekämmten Haaren. Er kämpfte für Tiere, konnte es nicht ausstehen, wenn sie unter Tierquälern leiden mussten. " Im Besucherzimmer im geschlossenen Haus 18 sind vier rote Stühle, ein Tisch zwei Fenster. Das Fenster zum Vorplatz ist geweißt. "Wegen der Fotografen", sagt Holst seiner Ex-Kollegin. Die würden von draußen versuchen, ein Bild von ihm zu erhaschen. Das andere Fenster diene zur Überwachung des Patienten. Die Jalousien sind heruntergezogen. "Erhöhte Fluchtgefahr" lautet der Status, der ihm nach eigenen Angaben das Leben schwer macht. Täglich eine Stunde Hofgang. Besuch und Telefonate nur mit Genehmigung. Wer mit ihm sprechen will, muss auf einer von den Ärzten genehmigten Liste stehen.

Seine Frau, die Fluchthelferin, darf er nur zu bestimmten Zeiten sehen. Und nicht allein. Zwei Wärter sitzen immer dabei, sicher ist sicher. Telefonieren darf das Paar viermal in der Woche, für eine halbe Stunde.

Gegen diese und andere "Schikanen" will er sich gerichtlich zur Wehr setzen. Auf seine Station kommen Neuaufnahmen und Patienten mit akuten Krankheitsschüben. "Den ganzen Tag mit 15 Schwerstkranken eingesperrt zu sein, das ist sehr schwierig", sagt sein Anwalt Tim Burkert. Die Klinik müsse nach ärztlichen Gesichtspunkten handeln, nicht nach Sicherheitsaspekten. "Die haben wohl Angst, dass ich wieder ausbreche", meint Holst. Unberechtigt ist das nach der wochenlangen Flucht 1994 nicht - auch wenn Holst immer wieder beteuert, keine Ausbruchsgedanken zu hegen. Der leitende Arzt der forensischen Abteilung, Dr. Guntram Knecht, hält eine Verlegung derzeit für undenkbar. In Stellungnahmen an das Gericht ist von Sicherheitsbedenken die Rede. Dort, wo Holst jetzt ist, ist mehr Aufsichtspersonal, die Einschlusszeiten sind strenger.

Zwischen 1987 und 1990 hat er drei junge Frauen vergewaltigt, bestialisch gequält und ermordet - eine Studentin, eine Hausfrau und eine Kosmetikschülerin. "Ich habe nicht vergessen, was ich getan habe", sagt Holst. "Aber ich musste einen Weg für mich finden, um damit leben zu können." Für seine Opfer findet er kein Wort des Mitleids. Nur für sich selbst. Er beklagt sich, dass für seine Zelle kein zweiter PC genehmigt wurde . . . cl/kj

Er jammert über die Unterbringung: "Schikane". Für die Familien seiner Opfer hat er kein Wort.