"Wandelt Euch durch neues Denken. Mit dem Geist von gestern ist kein Staat zu machen." Eine ganze Seite in der Ahrensburger Zeitung ließ sich die Geschäftsleitung der Firma Joh. Friedrich Behrens diese Botschaft kosten. Man schrieb den 23. Februar des Jahres 1965.

Neues Denken wurde also gefordert, und das, obwohl Firmenchef Carl Backhaus zu jener Zeit schon seit ungefähr 15 Jahren praktizierte, was er nunmehr anpries: Seine Mitarbeiter waren zugleich Mitinhaber der Fabrik, in der damals - wie heute immer noch - Druckluftnagler und Befestigungsmittel hergestellt wurden. Es war neben der BAT der zweite große Industriebetrieb in Ahrensburg.

Backhaus, der auch die Deutsche Friedens Union unterstützte und vehement gegen die Wiederaufrüstung kämpfte, genoss seinen Wohlstand durchaus, aber er wollte ihn teilen. Das neue Denken des Carl Backhaus sorgte in den folgenden Jahrzehnten nicht nur in der Ahrensburger Zeitung für Schlagzeilen. Der Begriff "Ahrensburger Modell" wurde in ganz Deutschland zum Synonym für die Beteiligung der Mitarbeiter am Kapital.

"Wer mitbestimmen will, der muß auch alle Konsequenzen zu tragen bereit sein. Daher kann es nicht nur bei einer Mitbestimmung bleiben, sondern es muß auch durch eine Gewinnbeteiligung zum Miteigentum am Betrieb führen", schrieb Backhaus 1968 in der AZ.

"Das war für viele Mitarbeiter ganz schön lukrativ", sagt einer, der es wissen muss: Franz Bercz. Er hat vier Jahrzehnte für die Firma gearbeitet, stieß als einer der ersten zu dem Unternehmen, das Carl Backhaus 1945 für 20 000 Reichsmark gekauft hatte. Damit gehörte er zu den Mitarbeitern, denen Backhaus 1959 ein Einfamilienhaus schenkte.

Am Neuen Teich, in Nummer 33, wohnt Franz Bercz auch heute noch. Backhaus war drei Jahre lang sein Nachbar. "Ein großzügiger Mann, der aber lieber aus der Firmenkasse als aus der eigenen Tasche bezahlte", sagt Bercz. Und nachdenklich fügt er hinzu: "Er hat die Firma eine Menge Geld gekostet. Wenn ich Wirtschaftsexperte wäre, hätte ich gesagt, das geht nicht gut."

Es ging auch nicht gut. Doch selbst als die AZ am 5. Dezember 1975 titelte: "Am ,Ahrensburger Modell' zeigen sich Ecken und Kanten - Einlagen zurückgezogen, Mitarbeiter entlassen", beteuerte Backhaus: "Das Modell ist noch nicht gescheitert." Viele - zu viele - Mitarbeiter hatten sich ihre Kapitalanteile auszahlen lassen und die Firma damit fast in den Ruin gestürzt.

"Man kann sie dafür nicht verurteilen. Die Arbeiter brauchten das Geld, das waren keine Unternehmer", sagt Burghardt Krohn, seit 39 Jahren im Betrieb und heute Fertigungsleiter. Backhaus, dem viele Arbeiter ihren Wohlstand zu verdanken hatten, wurde aus der Firma gejagt. Nachfolger Karl Utz schaffte es, durch den Gang an die Börse 1977 den Betrieb zu retten. Heute ist Behrens eine personell geschrumpfte gesunde Firma.

Backhaus starb 1992 im Alter von 90 Jahren. Und sein Geist? "Jetzt herrscht die Ellenbogenmentalität", sagt Bercz. "Wir sind immer noch eine besonders demokratische Firma", sagt Krohn.