Schlösser und Herrensitze in Nord-Niedersachsen haben oft über längere Zeiträume hinweg in ihren Heimatregionen Macht und Einfluss gehabt. Um ihren geschichtlichen Stellenwert aufzuzeigen, stellt die Harburger Rundschau in loser Folge diese Anwesen mit Geschichte vor. Heute: Gut Bötersheim bei Tostedt

Von WERNER STRELOW

Wer wollte bestreiten, dass das zauberhaft abgeschiedene Naturparadies rings um das alte Gut Bötersheim zum Reizvollsten und Schönsten im Landkreis Harburg zählt. Seit vielen Jahrzehnten kommen Naturfreunde aus Hamburg, Harburg sowie auch aus den Nachbarlandkreisen Stade und Rotenburg hier her, bummeln und wandern entweder ein Stück rund um den Mühlenteich oder auch ein Stück auf dem ausgeschilderten Wanderweg entlang der stillen, verschlungenen Este hinauf in Richtung Hollenstedt. Freilich: Geprägt wurde der zauberhafte kleine ländliche Ort - reich an Naturidyllen - durch das dominierende Gut und seine Besitzer.

Heinrich Müller in Bötersheim ist der wohl versierteste Kenner der Geschichte des Dorfes und des Gutes. Seinen Ausführungen zufolge kommt das Adelsgeschlecht von Weyhe aus dem Bremischen. Ihr ursprünglicher Sitz ist der Ort Weyhe bei Syke.

Und etwa um 1460 tritt ein Erp von Weyhe in die Dienste der Stadt Lüneburg und wird vom dortigen Rat als Hauptmann des Schlosses zu Harburg eingesetzt.

Im Jahre 1467, so Heinrich Müller, kauft dann Erp von Weyhe vom Michaeliskloster in Lüneburg den sogenannten großen und kleinen Zehnten in Tostedt, sowie auch einen Hof in Dohren. Am 9. August 1470 erhält dann Erp von Weyhe von Herzog Otto von Braunschweig und Lüneburg das Wohnrecht in Bötersheim, und wird gleichzeitig mit den auf beiden Seiten der Este erbauten Höfen und der Mühle belehnt.

Das Gut als solches bestand in Bötersheim nur aus diesen beiden Höfen (also der neue und der alte Hof), und wurde dann später durch Zukauf zahlreicher Ländereien vergrößert. Um 1624 hatte das Gut eine Größe von etwa 3000 Morgen und die Grenzlinie verlief etwa in der Mitte zwischen Bötersheim und Kakenstorf in Richtung Westen zu den ehemaligen Fischteichen im Bereich Mühlenbach hinauf bis zum Einfluß in die Este, und von dort wieder bis zum Punkt zwischen Bötersheim und Kakenstorf.

Übrigens war die Waldwirtschaft zu Anfang nicht der größte Erwerb, da das Gut zur sogenannten "Holzgenossenschaft auf dem Todt" gehörte. Anfänglich war es sogar nur ein kleiner privater Holzeigenbesitz, den die von Weyhes selbst aufgeforstet haben. Die von Weyhes betrieben im Raum Bötersheim ausschließlich Landwirtschaft, Teichwirtschaft wurde laut Heinrich Müllers Nachforschungen nur in untergeordnetem Maße ausgeübt.

Wer heute von Kakenstorf nach Bötersheim kommt, dem fällt sofort das in rotem Backstein errichtete Herrenhaus auf. Dieses Herrenhaus zu Bötersheim wurde im Jahre 1825/26 erbaut und war nicht der ursprüngliche Sitz der von Weyhes. Denn bis zu diesem Zeitpunkt wohnten sie auf den beiden ursprünglichen Höfen, nämlich dem sogenannten alten und dem neuen Hof. Das Bötersheimer Herrenhaus wurde in dem Bemühen erbaut, dem Stil der damaligen Zeit zu entsprechen. Die beiden Wappen oberhalb der Eingangstür weisen auf den Erbauer und seine Ehefrau hin. Dahingegen sind die fünf Türme im oberen Teil der Seitenwand reine Verzierungen ohne geschichtliche Bedeutung.

Gegenüber dem Herrenhaus steht das in schwarz-weißem Fachwerk errichtete Gutshaus. Es ist das Gebäude des ehemaligen neuen Hofes, der kurz vor 1470 errichtet wurde. Das noch ältere Gutshaus, das auf der gegenüberliegenden Seite des Mühlenteiches stand, war der ursprüngliche Bötersheimer Gutshof und wurde um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts abgerissen.

Übrigens bildete die Bötersheimer Wassermühle mit dem alten Gutshof eine Einheit, und wurde im Jahre 1385 von den von Wersebe an die adeligen Schulten zu Horneburg verkauft. Und von diesen erwarb sie Erp von Weyhe um 1455. Die Bötersheimer Wassermühle war in alter Zeit eine sogenannte Kornmühle für die Bauern der Umgebung.

Eine weitere Bötersheimer Besonderheit ist die sogenannte tausendjährige Eiche, die Experten übrigens auf 850 bis 900 Jahre schätzen. Zweifellos dürfte dies nach Auffassung von Heinrich Müller einer der ältesten Bäume des Landkreises Harburg sein. Im Zusammenhang mit einem Gewitter, der Stamm ist schon seit fast 100 Jahren hohl und diente damals den Kindern als Spielplatz und Versteck, stürzte ein schwerer Ast mit einem Teil des Stammes zu Boden.

Das etwas abseits gelegene Erbbegräbnis für die Familienmitglieder von Weyhe wurde im Jahre 1878 erbaut. Und in unmittelbarer Nähe, unter hohen Bäumen, befindet sich das Erbbegräbnis für die Familienmitglieder von Rogister. Man sollte diesen Plätzen den nötigen Respekt entgegenbringen.

Anfang der dreißiger Jahre kamen die von Rogisters nach Bötersheim. Ihre ursprüngliche Heimat ist das Elsass. Nach dem Tode von Carl-Theodor von Rogister übernahm sein Sohn Dominik von Rogister das Gut.

Zum Abschluß sei noch auf eine weitere Besonderheit hingewiesen: auf die uralte Bötersheimer Wasserquelle, die sich auf Gutsgrund unweit der Este befindet und Sonntag für Sonntag erklärtes Ziel zahlreicher Naturfreunde ist. Über diese Wasserquelle stehen in der alten Bötersheimer Schulchronik Worte zu lesen, die von großer Naturverbundenheit und echter Heimatliebe zeugen: "Ja, wo ist wohl ein anmutigerer Ort als bei einer Quelle weilen zu dürfen, bei einer Quelle wie der besagten. Aus dem Erdenschoße sprudelt es hervor, das feuchte Nass. Geheimnisvolle Zauber steigen dem Herzen auf, ist es doch, als ob unterirdische Mächte mit uns redeten. Und welch geheimnisvolle Kraft wohnt einer solchen Quelle inne. Reiser, ja selbst größere Stäbe, sie werden, wenn sie hineingeworfen, ja selbst hineingehalten, mit unwiderstehlicher Kraft blitzeschnell emporgeschleudert, als trotze die unheimliche Macht der schwachen Menschenkraft. Der Sand, er wird meterhoch emporgeschnellt, fürwahr, einem unwiderstehlichen Zauber fühlen wir uns unterworfen".

Tipp für Rastsuchende: Wer vom vielen Wandern in und um Bötersheim müde ist, fühlt sich im urgemütlichen Bötersheimer Dorfkrug sehr gut aufgehoben.