Löwengebrüll, wabernde Nebelschwaden, afrikanische Rhythmen und aufzuckendes blaues Scheinwerferlicht signalisieren, daß es jeden Moment losgeht. Der Lärm wird ohrenbetäubend, die riesigen Stoffbahnen an den Seiten und im Hintergrund der Bühne fallen, aus der spiegelförmigen Videowand sprüht Feuerwerk, und dann ertönt es: Dad-da dadada dadadadadadad-da dadada. Keith Richards steht am

Vom Stones-Konzert berichten: Jannika Bock, Andreas Burgmayer, Wolfgang Korb und Heinrich Oehmsen

Bühnenrand und spielt das bekannteste Riff der Rockgeschichte. Mit "Satisfaction", ihrer wohl bekanntesten Nummer, eröffnen die Rolling Stones ihr Konzert auf der Trabrennbahn in Bahrenfeld.

180 000 Hände klatschen und begrüßen Mick Jagger und die anderen Musiker der "größten Rockband der Welt" 25 Jahre nach ihrem letzten Hamburger Auftritt in der Ernst-Merck-Halle. Mit "Let's Spend The Night Together" und "Flip The Switch" von ihrem jüngsten Album "Bridges To Babylon" geht es weiter. Jagger, der Marathonmann, hat schon wieder Hunderte von Metern zurückgelegt. Er läuft von einer zur anderen Seite der 60 Meter breiten Bühne und animiert die Massen.

Arme recken sich ihm entgegen, Kissen mit der berühmten Stones-Zunge werden hochgehalten. Die Gitarristen Ron Wood und Keith Richards haben derweil die riesige Bühne fast für sich allein, weiter hinten sitzt Charlie Watts hinter seinem Schlagzeug und gibt mit stoischem Gesichtsausdruck den Beat an. Dann "Gimme Shelter", erster Höhepunkt des Abends. Lisa Fisher, langbeinige und langmähnige Sängerin, singt im Duett mit Jagger. Die Videowand zeigt auch den Fans ganz hinten auf der Trabrennbahn jedes Detail der Show, überdimensional sind Jaggers quadratische Falten um den Mund zu erkennen und die tiefen Furchen in Keith Richards' Gesicht.

Als die Stones und ihre neunköpfige Begleitband "Out Of Control" anstimmen, bekommt das Konzert seinen ersten magischen Moment. Richards hat auf einmal das Ruder in der Hand. Er holt die dreckigsten Rhythm & Blues-Riffs aus seiner Gitarre, und plötzlich klingen die Stones nicht mehr nach 1998, sondern nach 1972, als ihr bestes Album "Exile On Main Street" herauskam. Bei "Miss You" setzt Jagger sich in Szene, fordert das Publikum auf mitzusingen. Nach den obligatorischen zwei Songs, die Richards singen darf und die viele Fans zum Bierholen benutzen, der wirkliche Höhepunkt der Show lange vor ihrem Ende.

Eine hydraulische Brücke wird zu einer kleineren Bühne mitten im Publikum ausgefahren. Hautnah an ihren Fans vorbei versammeln sich Jagger, Richards und die anderen auf diesem engen Quadrat, um sich in ihrer eigenen Geschichte weit zurück zu katapultieren. Die Superstars stehen so dicht beieinander wie in einem der Clubs, in denen ihre Karriere vor mehr als 30 Jahren begann. "Little Queenie" und "You Got Me Rocking" spielen sie und Bob Dylans "Like A Rolling Stone".

Wieder auf der großen Bühne zurück, gibt es das sicher von den meisten gewünschte Best-of-Programm mit "Sympathy For The Devil", "Start Me Up" und "Jumpin' Jack Flash". Zweieinhalb Stunden dauert die Show, die wie vom Bezirksamt Altona verlangt pünktlich um 22 Uhr nach der Zugabe mit einem Feuerwerk endet. Bei diesem Schlußpunkt einer gigantischen Show scheint es, als würde die Bühne explodieren. 90 000 gehen nach Haus mit der Erkenntnis, daß man für den Rock 'n' Roll nie zu alt ist. Vier alte Herren haben das gerade bewiesen.