Von ANDREAS ULRICH und KRISTINA JOHRDE Hamburg - Eine der spektakulärsten Entführungen der vergangenen Jahre ist gestern in Hamburg glücklich zu Ende gegangen. Eine Woche war der Hamburger BWL-Student Bodo Janssen (24) in der Gewalt von Geiselnehmern. Sieben Tage war das Opfer in Todesangst, fürchteten die Eltern um ihren Sohn. Die Entführer hatten 10 Millionen Mark gefordert und gedroht, bei einem Scheitern der Lösegeldverhandlungen Bodo Janssen und andere Familienmitglieder umzubringen. Bodo Janssen verschwand am 6. Juni aus seiner Wohnung in Hamburg-Rotherbaum. Ein vorbestrafter Bekannter, um den sich der Unternehmer-Sohn kümmerte, hatte Janssen in die Geisel-Falle gelockt.
Das Gefängnis lag nur 100 Meter Luftlinie enfernt: in der Wohnung einer Jugoslawin im vierten Stock eines der Grindel-Hochhäuser. Am nächsten Morgen fand Janssens Freundin eine Nachricht der Entführer im Briefkasten. Darin forderten die Geiselnehmer 10 Millionen Mark. Doch soviel Geld konnte die Familie nicht aufbringen. Bei den Lösegeldverhandlungen, die alle am Telefon stattfanden, handelte der Vater die Summe auf drei Millionen Mark herunter.
Nach nervenaufreibenden Gesprächen mit den Entführern flog Werner Hermann Janssen am vergangenen Donnerstag zur Geldübergabe über Nürnberg nach Zagreb in Kroatien.
Werner Hermann Janssen und seine Frau Gretchen aus Emden in Niedersachsen haben sich seit 1967 als Bauunternehmer und Immobilien-Verwalter einen Namen gemacht. Mit Hotels, Kur- und Freizeitanlagen schufen sie in Ostfriesland florierende Unternehmen und viele Arbeitsplätze. Mehr als eine Milliarde Mark hatten die Janssens verbaut. Auf diesen Reichtum hatten die Entführer wohl spekuliert. Doch tatsächlich stammte das meiste Geld nicht von der Familie, sondern von Investoren.
Die Geldübergabe in Zagreb scheiterte, der Vater flog verzweifelt zurück nach München. Qualvolle Stunden vergingen. Freitag meldeten sich die Entführer wieder. Werner Hermann Janssen sollte das Geld im Auto nach Kärnten in Österreich bringen. Diesmal klappte es: In Klagenfurt übergab er am Sonnabend um 20 Uhr das Lösegeld.
Die Befreiung der Geisel gelang durch die lückenlose Observation durch das Mobile Einsatzkommando (MEK). Als Volker S. - der Mann, der Jannssen in die Falle gelockt hatte - am Sonntag um 10 Uhr für sich und die Geisel Brötchen holte, erkannte ihn ein Polizist. Um 11.30 Uhr stürmte das MEK das Versteck und befreite Bodo Janssen, nahm Volker S. und einen Ex-Jugoslawen fest. Minuten später gingen der Polizei in Österreich zwei Komplizen mit einem Großteil des Lösegeldes ins Netz. Ein Mann und eine Frau sind noch auf der Flucht. Berichte Seite 11