ryb Hamburg - Die Mitglieder es FC St. Pauli müssen sich bei der Jahreshauptversammlung am kommenden Freitag im CCH mit der Nazi- Vergangenheit des ehemaligen Präsidenten Wilhelm Koch befassen. Nach Koch, der zwischen 1931 und seinem Tod 1969 dem Verein vorstand, ist seit 1970 das Stadion am Millerntor benannt. Ein Klubmitglied hat nun beantragt, die Arena umzubenennen, da der FC St. Pauli sein Stadion nicht nach einem Präsidenten taufen dürfe, dessen Erfolg als Unternehmer auf der Judenverfolgung während der Nazt-Zeit beruhe.

Der 1937 in die NSDAP eingetretene und nach dem Zweiten Weltkrieg als "Mitläufer" eingestufte Koch soll mit seiner Firma Koch & Scharff von der Enteignung und Flucht zweier jüdischer Mitbürger profitiert haben. Das schreibt der Autor Rene Martens in seiner gerade erschienenen Klubgeschichte ("YouTl never walk alone", Verlag Die Werkstatt).

Wilhelm Kochs Nachfolger als Präsident, Ernst Schacht, wird in dem Buch dahingehend zitiert, daß die Umbenennung des Stadions nach Kochs Tod ein Kuhhandel gewesen sei. Seine drei Töchter hätten als Erben 300 000 Mark vom Verein zurückverlangt, die Koch in den Stadtteilklub investiert habe. Schacht habe die Reduzierung der Summe auf die Hälfte mit dem Versprechen erkauft, das Stadion nach Koch zu benennen.

Im Vereinsmagazin zum Freiburg-Spiel, das wie gewohnt ein ehrliches Forum zur Lage des Klubs ist, wird Martens' Buch rezensiert. Auch die Fans werden sich also mit der braunen Geschichte beschäftigen. Die Vereinsführung reagierte zwiegespalten auf den Fall: "Ich bin mir nicht sicher, ob wir die historische Wahrheit noch klären können", sagte Vizepräsident Christian Hinzpeter. "Als ob wir nicht schon genug zu tun hätten ..."

Die sportliche Zukunft einiger Spieler und die des Trainers Eckhard Krautzun dürfte am Ausgang des Spiels gegen den SC Freiburg (Montag, 19.15 Uhr) hängen. Bevor Hinzpeter den Coach in der offiziellen Pressekonferenz des Zweitliga-14. um seinen Kommentar bat, sagte er ungewohnt scharf: "Wir haben in vielen Runden zusammengesessen und wollen am Montag Resultate von der Mannschaft sehen - Herr Krautzun."

Nach der harschen Kritik, returnierte der Trainer, brauche man für die Freiburg-Partie niemanden zu motivieren. "Daß die Schwanengesänge über Mannschaft und Trainer gekommen sind, kann ich nachvollziehen", sagte Krautzun. "Jetzt sind Spieler mit einer stabilen Psyche gefragt." An Rücktritt denke er in keinem Fall. Manager Helmut Schultes Schatz an Weisheiten ("Entscheidend ist aufm Platz") ist um eine Perle reicher: "Viele werden kommen, um zu sehen, was passiert."