Sechs Jahre, nachdem das Boehringer-Werk in Billbrook von der Umweltbehörde geschlossen wurde, steht die Entscheidung unmittelbar bevor, ob bestimmte Leiden ehemaliger Arbeiter als Berufskrankheiten anerkannt werden. Nach Informationen des Abendblatts ist der von der Sozial- und Gesundheitsbehörde beauftragte Gutachter Prof. Alfred Manz zu dem Schluß gekommen, daß die Belastung der Boehringer-Arbeiter mit Dioxin tatsächlich zu mehr - auch tödlich verlaufenden - Krankheiten führt.

Die Fabrik in Billbrook - sie stellte Insektenvernichtungsund Pflanzenschutzmittel her - war eine Dioxinschleuder. Die größten Dosen dieses Ultragiftes belasteten die Arbeiter. Manz' Erkenntnisse haben vor allem zwei Konsequenzen: Sie berühren Rentenansprüche, denn bei

Berufskrankheiten wird mehr gezahlt. Und daraus wiederum werden Forderungen abgeleitet, die sich auf Genehmigungsvorschriften für neue Betriebe auswirken.

Mit solchen Fragen

beschäftigt sich auch der 12. Weltkongreß für Arbeitsschutz, der am Montag im CCH eröffnet wurde. Bis Freitag wollen rund 3000 Teilnehmer aus 80 Ländern das Thema "Sichere und gesunde Arbeitsumwelt - eine Aufgabe für Betrieb und Gesellschaft" diskutieren.

Zum Auftakt forderte Gerd Muhr, Vize-Chef des DGB, eine weltweite Offensive gegen sogenannte Gefahrstoffrisiken. Der DGB wolle der ÜNO entsprechende Vorschläge für ein "Weltprogramm" unterbreiten.

Für den Schutz von Leben und Gesundheit am Arbeitsplatz sei eine "intensive Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Kräfte" erforderlich, sagte der Präsident des Kongresses und Leiter des Deutschen

Organisationsausschusses, Rolf Hopf. Die rasche technische Entwicklung bringe immer wieder neue Gefahren mit sich. Die quicke Umsetzung des Arbeitsschutzes sei mithin "lebensnotwendig" und ein Gebot von Moral und Humanität.

Staatssekretär Werner Tegtmeier vom Bundesarbeitsministerium trat für eine bessere Aus- und Weiterbildung im Bereich des Arbeitsschutzes ein. Neben den Chancen in der technischen Entwicklung ergäben sich auch immer neue "große Risiken". Die Sicherheit am Arbeitsplatz müsse zudem ein "gewichtiger Bestandteil eines sozialen Europa" sein. Auch in den Staaten Osteuro- §as müßten sich die trukturen im Bereich des Arbeitsschutzes verbessern.

Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände und Mitglied im Vorstand der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS), Werner Doetsch, erklärte, beim Arbeitsschutz sei vor allem Vorsorge nötig. Die Arbeitssicherneit solle künftig in allen Betrieben zur "Chefsache" gemacht werden. L. R./ddp

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