dpa/ap Frankfurt - Die Chronologie der Ereignisse vom ersten "Spiegel"-Bericht bis zum Rücktritt des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel:

12. September

Am Nachmittag vor der Landtagswahl in Schleswig- Holstein werden Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" bekannt, wonach der Ministerpräsident des Landes, Uwe Barschel, habe den Auftrag gegeben, seinen SPD-Gegenkandidaten Björn Engholm bespitzeln zu lassen. Der ..Spiegel" beruft sich auf eine eidesstattliche Erklärung von Barschel-Mitarbeiter Reiner Pfeiffer, der angeblich im Auftrage Barscheis einen anonymen Brief mit Vorwürfen gegen Engholm an die Steuerbehörden des Landes geschickt habe. Barschel habe auch persönlich angeordnet, Engholms angeblich "ausschweifendes" Sexualleben zu überwachen.

Noch am selben Tag weist Barschel den Bericht als "erstunken und erlogen" zurück.

13. September

Die Wahl in Schleswig-Holstein wird von dem Verdacht gegen Barschel überschattet. Die CDU verliert die absolute Mehrheit und erleidet eine ihrer schwersten Niederlagen seit Jahren. Barschel erstattet Anzeige gegen den "Spiegel" und Pfeiffer. 14. September

Barschel räumt ein, bei der Beratung von Gesetzen zur Abgeordnetenentschädigung mit den privaten Finanzen seines SPD-Kontrahenten Engholm befaßt gewesen zu sein. Engholm wirft Barschel "absolut unmoralisches Verhalten" vor. CDU und FDP sprechen sich für die Einberufung eines Untersuchungsauschusses aus.

15. September

Barschel kündigt wegen der "gegen mich laufenden Kampagne" eine Pressekonferenz an. Bundeskanzler Helmut Kohl und Bundesfinanzminister Gerhard Stoltenberg stellen sich hinter Barschel. Der angestrebte Koalitionspartner FDP in Schleswig-Holstein erklärt, er wolle sich nicht an der Regierung beteiligen, ehe die Vorwürfe nicht geklärt seien.

16. September

Überschattet von den Vorwürfen beginnen die ersten Vorgespräche zwischen CDU und FDP. Barschel unterrichtet die Fraktionen von FDP und CDU über die Anschuldigungen gegen ihn. Zum erstenmal wird Barscheis Rücktritt gefordert - vom Vizepräsidenten des Kieler Landtags, dem SPD-Abgeordneten Kurt Hamer. Pfeiffer bekräftigt unterdessen seine Vorwürfe vor der Lübecker Staatsanwaltschaft.

17. September

Eine weitere Zeugin tritt gegen Barschel an: Die Sekretärin der Regierungs- Pressestelle, Jutta Schröder. Sie will am Telefon die Anweisungen mitgehört haben, die Barschel Pfeiffer gegeben haben soll. Barschel informiert die Fraktion der SPD und den Südschleswigschen Wählerverband (SSW).

18. September

Barschel erklärt auf einer vierstündigen Pressekonferenz mit acht eidesstattlichen Versicherungen, daß die Anschuldigungen gegen ihn falsch seien. Er kündigt eine Schadensersatzklage gegen den "Spiegel" und rechtliche Schritte gegen Pfeiffer an. Das Landgericht Kiel untersagt Pfeiffer unter Androhung eines Ordnungsgeldes von 500 000 Mark alle Behauptungen über den Regierungchef. Die Polizei durchsucht die "Spiegel"-Wohnung, in der Pfeiffer sich zeitweise aufgehalten hatte.

19. September

In der neuen Ausgabe des "Spiegel" wird Barschel ein neuer Vorwurf gemacht: Pfeiffer beschuldigt den Ministerpräsidenten, eine gefälschte Pressemitteilung der Grünen "sinngemäß vorformuliert " zu haben, um einen Keil zwischen SPD und Grüne zu treiben. Die CDU-Landtagsfraktion spricht Barschel einstimmig ihr Vertrauen aus.

21. September

Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und FDP beginnen. Barscheis Regierungssprecher Gerd Behnke erklärt, er könne nicht ausschließen, von einem wichtigen Vorwurf Pfeiffers gegen Barschel unterrichtet gewesen zu sein. Der SSW fordert die FDP auf, sich eine Koalition mit der SPD zu überlegen.

23. September

Der Bremerhavener Detektiv Harry Piel läßt durch einen Bremer Anwalt eine Rechnung für die Bespitzelung von Engholm an die CDU senden - acht Monate nach der angeblichen Auftragserteilung. Stoltenberg reist zu Gespächen mit der FDP nach Kiel. Barschel erklärt, er wolle nur zurücktreten, wenn er persönlich Fehler gemacht habe.

24. September

SPD-Vorsitzender Vogel nennt die Affäre einen "Krebsschaden für unsere politische Kultur" und fordert Barscheis Rücktritt. Die Landesregierung hält weiterhin personelle Konsequenzen nicht für notwendig. Der Chef der Kieler Staatskanzlei bestätigt, daß Barschel bereits vor der Pressekonferenz vor einer Woche von dem Versuch Pfeiffers wußte, eine "Wanze" zu besorgen. Barschel hatte das mit keinem Wort erwähnt.

25. September

Barschel tritt zurück.