Von Horst Wisser

und Hans-Eckart Jaeger

Hamburg - Es brodelt beim Norddeutschen Rundfunk (NDR). Hinter den Kulissen des Funkhauses an der Rothenbaumchaussee und der Fernsehstudios in Lokstedt blühen die Spekulationen um die Frage: Wer wird neuer Sportchef für Fernsehen und Hörfunk und damit Nachfolger von Fritz Klein Leiter der Hauptabteilung Sport?

Das Personalkarussell dreht sich. Die Situation hat neue Brisanz bekommen, seit gewiß ist, daß die Nachfolge von Fritz Klein auch eine Frage der Parteipolitik ist. Während Kleins Nominierung vor zehn Jahren noch von fachlichen Kriterien bestimmt war, ist die Führungsposition inzwischen politisiert worden.

NDR-Indendant Friedrich-Wilhelm Räuker schlägt den neuen Sportchef vor, und der Verwaltungsrat, in dem es eine CDU-Mehrheit gibt, stimmt zu oder lehnt ab.

Klein, der am 1. April 1987 als neuer Sportkoordinator der ARD und Nachfolger von Hans-

Heinrich Isenbart nach München wechselt, hat seinen bisherigen Vertreter, Peter Jensen, als Nachfolger vorgeschlagen. Jensen gehört kemer politischen Partei an.

An der internen Gerüchtebörse wird der Name eines der Bewerber wie eine Lachnummer behandelt: Rainer Holzschuh. Der 42jährige Pressesprecher des Deutschen Fußball-Bundes aus Dreieich-Offenthal, früher einmal Redakteur des "Kicker", verfügt über keinerlei Fernsehoder Hörfunk-Erfahrung.

Dafür hat er gute Kontakte zum DSB-Präsident Hans Hansen, Mitglied des NDR-Rundfunkrates. Der DFB-Mann gut als

CDU-Sympathisant. Holzschuh sucht einen neuen Job. Sein Verhältnis zu Teamchef Franz Beckenbauer ist nicht erst seit der Fußball-Weltmeisterschaft in Mexiko getrübt. Der Pressesprecher der größten Sportorganisation der Welt versagte in Mexiko. In der Pufferzone zwischen den Journalisten und den DFB-Gewaltigen gab er eine ziemlich traurige Figur ab.

Nicht sonderlich gut im Rennen scheint Jörg Wontorra zu liegen. Der 38jährige Fernseh-Sportchef von Radio Bremen hat sich ebenfalls offiziell beworben. Wontorra ist als kritischer Journalist bekannt, ein Senkrechtstarter bei der ARD, hat aber während seiner langjährigen Tätigkeit als NDR-Reporter so manchen Strauß mit Sportchef Fritz Klein ausgefochten. "Bei ihm bekomme ich kein Bein an die Erde", hatte er 1981 gesagt und das Angebot von Radio Bremen angenommen.

Was Wontorra noch am 1. März 1985 zu seiner beruflichen Zukunft formuliert hat, scheint nicht mehr zu gelten: "Eines jedenfalls will ich nie werden, Sportchef vom NDR. Bei diesem Koloß kann man nichts mehr bewegen."

"Wir stehen alle hinter Peter Jensen", sagt der Fernseh-Journalist Rainer Kopke. Peter Jensen hat die Erfahrung. Aber viel höher wird die Tatsache bewertet, daß er sich einen kritischen Bück bewahrt hat. Unvergessen ist eine Kontroverse aus dem Jahr 1982: Jensen hatte den Hamburger SV beim Fußball-Europacup-Spiel gegen Nisch (Jugoslawien) kritisiert. Daraufhin beschwerte sich der damalige HSV- Manager Günter Netzer bei Sportchef Fritz Klein und drohte mit einem Stadionverbot für Jensen. Die Sache verlief im Sande.

Sollte Peter Jensen, der sich nicht beworben, sondern seine Bereitschaft signalisiert hat für den Fall, daß das Haus es möchte, das Rennen machen, dann wird beim NDR ein weiterer interessanter Führungsposten frei. Jensen ist nämlich gegenwärtig Erster Fernseh- Redakteur in der Hauptabteüung Sport.

Dies macht eine Reihe weiterer Bewerbungen erklärlich, die beim NDR mittlerweüe offen gehandelt werden: Rüdiger Syring und Manfred Blödorn aus den eigenen Reihen, der Tennis-Experte Volker Kottkamp vom Südwestfunk und der Radsport-Fachmann des Saarländischen Rundfunks, Jürgen Emig.

Als neuer Hörfunk- Chef ist Claus Beissner im Gespräch. Gute Chancen hat auch der erfahrene Kurt Emmerich.