München, 10. Januar Der Morgen des elften Tages der Olympischen Spiele 1972 in München dämmerte schwach, als im olympischen Quartier Conollystraße 31 Schüsse zu hören waren. “Es klang, wie Knallfrösche“, erinnerte sich ein Mitglied der Mannschaft aus Hongkong.
So begannen am 5. September 1972 die schwärzesten 24 Stunden in der Geschichte der Olympischen Spiele. Sie kosteten 17 Menschen das Leben: elf Israelis, fünf Arabern, einem deutschen Polizisten. Über vier Jahre später wurde der Palästinenser Abu Daud, einer der Hauptdrahtzieher der Terroraktion, in Paris festgenommen.
Gegen 4.30 Uhr überklettern am 5. September 1972 acht Mitglieder der palästinensischen Untergrundorganisation "Schwarzer September" den zwei Meter hohen Drahtzaun zum olympischen Dorf und dringen in das Quartier der Israelis ein. Moshe Weinberg, 33 jähriger Trainer, und der zwei Jahre jüngere Joseph Romano werfen sich ihnen entgegen, sie sterben durch MP-Salven. Drei Israelis können fliehen, neun werden mit f ingerdikken Stricken gefesselt.
Um 7.12 Uhr flattert ein Zettel vom Balkon des besetzten Hauses. Die Terroristen fordern die Freilassung von 200 Arabern, die sich in israelischer Haft befinden.
Ein Krisenstab wird gebildet. Zu ihm gehören der damalige Bundesinnenminister Genscher, der bayerische
Innenminister Merk und der IOC-Präsident Brundage sowie andere prominente Politiker und Sportfunktionäre. Die Verhandlungen mit den Terroristen scheitern. "Wir wollen unsere Freunde. Anderenfalls werden die Geiseln liquidiert", heißt es ultimativ. Israel ist nicht bereit, nachzugeben. Ministerpräsidentin Golda Meir und ihr Kabinett lassen verlauten: "Israel läßt sich nicht erpressen." Das Olympische Komitee setzt die Wettbewerbe für 24 Stunden aus. Eine Trauerfeier für die zwei Toten soll abgehalten werden.
Die Palästinenser fordern jetzt Abflug mit den Geiseln nach Kairo. Die Würfel sind gefallen, der deutsche Einsatzstab muß handeln.
Auf dem Militärflugplatz Fürstenfeldbruck wird eine Boeing 727 der Lufthansa bereitgestellt. Um 22.22 Uhr starten zwei Hubschrauber mit den neun Geiseln und den acht Arabern. Der Flugplatz ist mit drei "Lichtgiraffen" hell ausgeleuchtet.
Als zwei Araber von einer Inspektion der Passagiermaschine zurückkehren, eröffnen Scharfschützen der Polizei das Feuer. Drei der vier sichtbaren Fedajin werden getroffen, der vierte erschießt den Polizeibeamten Anton Fliegerbauer.
Eine Stunde vergeht. Plötzlich springen aus beiden Hubschraubern je ein Terrorist, zündet Handgranaten, will sie in das Innere werfen. Einer der Araber wird vorher erschossen, der andere erst, nachdem die Maschine in Flammen aufgegangen ist. Um 1.30 Uhr werden die drei überlebenden Araber gestellt und gefesselt. Alle israelischen Geiseln sind tot. Die festgenommenen Araber wurden am 29. Oktober 1972 freigelassen, als der "Schwarze September" eine Lufthansa-Maschine entführt hatte.