Eigener Bericht
sv. Büsum, 4. August
Die Jagd auf das seltenste Wild Deutschlands, auf den Seehund, hat jetzt an der schleswig-holsteinischen Westküste begonnen. Im Laufe der vergangenen Monate haben Fachleute vom Flugzeug aus den Bestand an Seehunden im Raum der Deutschen Bucht geschätzt. Man kam auf 1200 Stück (im Jahre 1939 waren es noch 3000 Seehunde!)
Für die diesjährige Jagdzeit sind 240 Hunde zum Abschuß freigegeben. Diese Zahl entspricht dem jährlichen Zuwachs. Auf einer ?Seehunds-Konferenz', die im Juli in Büsum stattfand, wurde beschlossen, daß die Schonzeit für Seehunde um zwei Monate verlängert wird. Die Jagd endet nicht wie bisher gegen Ende Februar, sondern bereits am 31. Dezember.
Der "König der Seehundsjäger", Heinrich von Holdt, der auf der Hallig Hooge zu Hause ist, beklagte sich Anfang des Jahres über den mageren Zustand der Hunde. Sie müßten am Ende der Jagdsaison eigentlich so fett sein, daß sie schwimmen, wenn sie erlegt sind. Zwei von sieben Hunden, die von Holdt geschossen hatte, waren jedoch abgesunken. Die Seehundsjagd darf nur in Begleitung eines Berufs -Seehundsjägers ausgeübt werden. Die Gebühr für den Abschußschein ist jetzt von fünf auf zehn Mark erhöht worden. Nur auf den
Sandbänken und nicht im Wasser dürfen Seehunde geschossen werden.
In unserem Nachbarland Holland werden jährlich etwa 1000 Seehunde erlegt. Jagdwissenschaftler vermuten, daß unsere deutschen Seehunde Wanderungen unternehmen, und daß durch die hohe Abschußzahl an fremden Küsten auch der deutsche Seehundsbestand verringert wird. Um diese Wanderungen zu erforschen, war 1939 damit begonnen worden, Seehunde zu fangen und zu markieren ? ähnlich wie man Vögel beringt. Der Krieg hat dieser Arbeit jedoch ein schnelles Ende bereitet. Jetzt kommt von privater Seite die Anregung, Markierung und Wiederfund markierter Tiere mit Prämien zu belohnen.
Der Preis, der zur Zeit für ein Seehundsfell gezahlt wird, liegt bei zehn Mark. Liebhaber zahlen für gute Felle jedoch 30 bis 50 Mark. Die Forschungsstelle für Jagdkunde in Bonn schätzt die Zahl der jährlich auf den Markt kommenden Seehundsmäntel auf 15 000 bis 20 000.
Ein immer noch nicht ganz gelöstes Seehundsrätsel sind die "Heuler". Das sind verwaiste, in den Prielen umhertreibende Säuglinge der Seehunde. Man nimmt ah, daß sie bei schweren Stürmen von der Mutter abgetrieben werden. Die Aufzucht von "Heulern" mit der Milchflasche gelingt nur sehr selten.