Zu unserem Bericht aus New York "Winnetou hat umgelernt" über den Wandel im Leben der nordamerikanischen Indianer schreibt uns ein Leser unseres Blattes u. a.:
Die Schlacht am Little Bighorn River vor 75 Jahren war nicht der letzte Versuch der Indianer, sich der weißen Eindringlinge zu entledigen. Die Häuptlinge Sitting Bull und Rain-in-the-face überschritten mehrere Male die Grenze und lieferten den Amerikanern, besonders in Montana, beachtliche Gefechte, die nicht immer erfolglos waren. Die letzte große Erhebung der Sioux fand während der sog. Geistertanztage in den neunziger Jahren statt. Sie wurde aber von den Amerikanern im Keime erstickt. Sitting Bull wurde dabei von einem indianischen Denunzianten ermordet.
Was die Schlacht am Little Bighorn River betrifft, so habe ich das alte Schlachtfeld (das heute mit den Gräbern der gefallenen Amerikaner ein Ehrenmal darstellt) öfters besucht. Ich hatte dienstlich in jenem Gebiet zu tun und wurde mit dem einzigen Überlebenden des 7. Kavallerieregimentes, mit dem Krähenindianer -^cout "Curley" bekannt, der für General Custer als Kundschafter tätig war. Er wurde verwundet und stellte sich tot. Es gelang ihm, sich die Decke und Kriegshaube eines gefallenen Siouxkriegers anzueignen und zu fliehen. Der Krähenindianer hat mir an Ort und Stelle den Verlauf der Schlacht erklärt und mir beim Abschied einige wertvolle Andenken überreicht, die sich heute noch in meinem Besitz befinden.
Ich stehe mit früheren indianischen Freunden in enger Verbindung. Einer der heutigen Häuptlinge, Wakolee, vom fast untergegangenen Stamme der Saucs, ein
ehemaliger Jagdkamerad, ist bemüht, auf völlig legalem Wege die offizielle Anerkennung der Ansprüche seines Stammes zu erreichen.
Schließlich noch ein Beispiel indianischer Treue und Kameradschaft: Kurz nach Kriegsschluß kam ein amerikanischer Soldat von Bremen nach Hamburg, um mich im Auftrag seines Vaters zu suchen. Ich erkannte "ofort den Indianer in ihm und redete ihn zu seiner unaussprechlichen Freude mit einem indianischen Gruß an. Es war der Sohn eines alten Navajofreundes aus Arizona, der mir einen Brief seines Vaters brachte. Der Brief lautete:
"Mein .lieber ?Little Buffalo Brother' (PS Der Name, der mir einstmals gegeben wurde). Mein Sohn bringt diesen Brief zu Dir, ehe er wieder heimkehrt. Wir haben Dich nicht vergessen und hoffen, daß Du bald wieder zu uns kommst. Die Geschäfte sind gut bei uns, und ein Hogan steht für Dich bereit. Wir hören, daß es in Deutschland sehr schlecht sei und kalt, also- komme zu uns. Schreibe an die Agentur, wo wir unsere Post abholen, damit ich weiß, was ich tun soll, damit Du kommst. Alles ist wohlauf und wir haben viel Geld, und die Söhne sind zumeist alle Soldat."
Es würde mich freuen, wenn mein Brief einiges Licht in das Dunkel indianischer Geschichte bringen würde. Ich habe jene roten Menschen in vieljährigem Zusammensein gut kennen und schätzen gelernt. Ich weiß, wie ungeheuer das Unrecht war, das ihnen zugefügt wurde und leider auch noch heute zugefügt wird. Es sind die uneigennützigsten und ehrlichsten Menschen, die ich jemals kennen lernen durfte und die besten Freunde, die ich jemals hatte.